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Nicht alle loben den Geheimdienst
Fragen nach der Verhaftung einer Al-Qaida-Gruppe
Marokkos Inlandsgeheimdienst DST (Directoire de Sécurité du Territoire) hat dieser Tage - offenbar in Zusammenarbeit mit der CIA - eine Weltpremiere geliefert.
Erstmals gelang es angeblich, dem Terrornetzwerk Al Qaida auf die Schliche zu kommen, bevor ein Attentat durchgeführt werden konnte. Die Regierung gab die Zerschlagung einer aus drei saudischen Al-Qaida-Terroristen und vier marokkanischen Unterstützern bestehenden Gruppe bekannt, die verschiedene Attentate geplant habe. Die CIA hatte Marokko bereits im Juli 2001 gewarnt, dass islamistische Terroristen eine ernsthafte Bedrohung US-amerikanischer Einrichtungen in diesem Land darstellten. In diesem Zusammenhang evakuierten die USA rund 20 NASA-Angehörige aus der USA-Militärbasis von Ben Guerir. Die Entdeckung des Al-Qaida-Netzwerkes soll jedoch der Zeitung »Le Journal« zufolge Ergebnis von CIA-Informationen auf der Basis der Aussagen des saudischen Bin-Laden-Vertrauten Abou Zoubaida sein, der sich in Pakistan im Gewahrsam der USA-Streitkräfte befindet. Die drei verhafteten und der Justiz übergebenen Saudis hätten zunächst einen Bombenanschlag auf ein Café in Marrakesch und einen weiteren Anschlag auf einen Bus geplant, diese Projekte später allerdings zu Gunsten von Angriffen auf US-amerikanische und britische Schiffe in der Meerenge von Gibraltar zurückgestellt. Während die regimetreue Presse nicht müde wird, den Geheimdienst DST wegen der Verhinderung einer enormen Gefahr zu loben, haben gewisse Merkwürdigkeiten bei anderen Zeitungen zu Irritationen geführt. Zunächst einmal hat man sich gewundert, dass eine Organisation, die angeblich das World Trade Center vernich-tete und sich auf den Einsatz von atomaren Waffen vorbereite, sich jetzt damit beschäftigt, eine Bombe in ein Café auf dem volkstümlichsten Platz Marrakeschs zu legen und den 8.15-Uhr-Bus zwischen Casablanca und Khourigba zu sprengen. Unter den Marrakescher Opfern hätten auch ein paar »ungläubige« Touristen sein können. Im Fall des Busses jedoch geht die Wahrscheinlichkeit, andere als marokkanische Muslime zu treffen, gegen Null. Die Wochenzeitung »As-Sahifa« fand es darüber hinaus merkwürdig, dass die drei Saudis vom Justizministerium gleichzeitig als Planer der Operationen, Informationssammler und Selbstmordattentäter in spe bezeichnet wurden. Nicht minder auffällig ist die Tatsache, dass der zuständige Staatsanwalt Moulay Abdallah Belghiti sich auf der ersten Pressekonferenz am 13. Juni geweigert hatte, irgendwelche Journalistenfragen zu beantworten. Verwunderlich allerdings scheint das nicht zu sein, wenn man bedenkt, dass es bislang von den angeblichen Terroristen keinerlei Fotos gibt und vor allem keinerlei Material entdeckt worden zu sein scheint, das für die Durchführung auch nur eines der Attentate notwendig wäre. Es fiel auch auf, dass Tabaiti, einer der Verhafteten, angeblich von Teheran aus über Rom nach Marokko gekommen ist. Bis dato wurde der schiitische Iran, der aus religiösen Gründen der wahhabitisch ausgerichteten Al Qaida kaum Sympathien entgegenbringt, noch nie in irgendeine Verbindung mit bin Ladens Leuten gebracht. Die unabhängige Presse stellt sich deshalb die Frage, welchem Zweck dies alles wohl diene. Eine der Thesen - und zwar die harmloseste - ist die, dass die CIA mit Hilfe befreundeter Dienste die Scharte vom 11.September wettmachen und deshalb hinter jedem Baum Al-Qaida-Terroristen enttarnen will. Eine andere, allerdings etwas weit hergeholte Erklärung sieht hier einen weiteren Schritt zur Vorbereitung auf Angriffe gegen Irak, Sudan oder Somalia. Schließlich wird aber auch davon gesprochen, dass das marokkanische Regime selbst eine verstärkte R...Zum Weiterlesen gibt es folgende Möglichkeiten:
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