Grünen fehlen 201 699,09 Euro

  • Lesedauer: 2 Min.

Von Marion van der Kraats, dpa

Erschütterung bei Brandenburgs Grünen: Ihr Ex-Schatzmeister Christian Goetjes hat offensichtlich weitaus mehr Geld veruntreut als zunächst angenommen. Nach Überprüfung aller Unterlagen geht die Partei davon aus, dass der 33-Jährige den Landesverband in den Jahren 2010 und 2011 um insgesamt 201 699,09 Euro brachte. Er sei dabei »mit offensichtlich krimineller Energie systematisch« vorgegangen, informierte der Parteivorstand am Dienstag die Mitglieder über das Ergebnis einer Kommission, die Ende Februar zur Rechnungsprüfung eingesetzt worden war.

Bislang waren die Grünen von rund 40 000 Euro ausgegangen. »Staatsanwaltschaft und Polizei haben wir über die neuen Erkenntnisse informiert«, sagte der Landesvorsitzende Benjamin Raschke. Seine Partei hatte den Fehlbetrag erst entdeckt, nachdem Goetjes im Februar plötzlich verschwunden war.

Die Staatsanwaltschaft Potsdam ermittelt seitdem wegen Untreue. Nachdem er wochenlang auch für seine Eltern nicht erreichbar gewesen war, tauchte der 33-Jährige Ende März in Berlin auf – und wurde festgenommen. Er kam jedoch wenig später wieder frei: Der Haftbefehl wurde gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Diese erfülle er nach Kenntnis der Staatsanwaltschaft, sagte ein Sprecher. Die jüngsten Angaben zum Ausmaß des Schadens hätten keinen Einfluss darauf, dass Goetjes auf freiem Fuß sei. Die Staatsanwaltschaft sei bereits von einer höheren Geldsumme ausgegangen.

Laut Grünen-Vorstand hat Goetjes die Partei systematisch betrogen und gefälschte Kassenberichte vorgelegt. Dabei habe er das Vertrauensverhältnis gezielt ausgenutzt, das er sich in den Jahren zuvor durch zuverlässige Arbeit erworben habe. Die Konten des Landesverbandes seien stets gedeckt gewesen und alle Rechnungen seien bezahlt worden, betonte Raschke. Damit habe es keine Auffälligkeiten durch negative Kontostände oder Mahnungen gegeben. »Goetjes hat systematisch alle Regeln umgangen, die er selber zur Kontrolle mit entwickelt hat«, sagte Raschke.

Der Ex-Schatzmeister habe gefälschte Kassenberichte vorgelegt. »Auch der Haushalt beruhte auf falschen Zahlen«, so der Grünen-Politiker. »Das tut richtig weh«, sagte Raschke zur Schadenshöhe. Dennoch geht er davon aus, dass für den Landtagswahlkampf 2014 wie geplant rund 140 000 Euro Rücklagen gebildet werden können: durch Sparmaßnahmen und höhere Einnahmen aus der staatlichen Parteienfinanzierung, die die jüngsten Grünen-Wahlerfolge bescherten. Derzeit wird laut Raschke auf Basis des Jahresabschlussberichtes 2010 ein Nachtragshaushalt für 2011 erstellt. Der Etat des Landesverbandes liegt seinen Angaben nach bei jährlich rund 400 000 Euro.

Als Konsequenz haben die Grünen die Regeln für die Kassenführung verschärft. So sind seit Februar keine Barabhebungen mehr möglich. Ein Großteil des Schadens sei jedoch durch Sammelüberweisungen beim »Online-Banking« ermöglicht worden, berichtete Raschke.

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