Das Jahr der beschädigten Erhebungsbögen

Zehntausende Menschen weigerten sich 1987, Fragen zu ihren Lebensumständen zu beantworten

  • Ines Wallrodt
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.

Die letzte Volkszählung ging als Riesenfiasko für die Staatsmacht in die Geschichte der Bundesrepublik ein. Was damals zum Inbegriff staatlicher Datensammelwut wurde, ruft ein Vierteljahrhundert später weit weniger Kritik hervor.

Wenn Wolfgang Raab an die letzte Volkszählung zurückdenkt, erinnert er sich schnell an die vielen absurden Hausdurchsuchungen. Er koordinierte damals von der Boykottzentrale in Bonn aus die bundesweiten Aktionen. Einmal rückten dort Polizeibeamte wegen eines Flugblatts an, das sich damit befasste, was es bringt, den Fragebogen falsch auszufüllen oder Kaffee darüber zu schütten. »Das absurde daran war«, sagt Raab, damals aktiv bei den parteiunabhängigen Jungdemokraten: »Das Flugblatt argumentierte gegen diesen stillen Protest.« Doch Polizei und Staatsanwaltschaft vermuteten einen geschickt getarnten Aufruf, genau das zu tun und gaben den Befehl zum Eingriff. »Sachbeschädigung an den Erhebungsbögen« sollte verhindert werden.

Das Gegenteil trat ein. Je mehr Razzien stattfanden, je mehr Zwangs- und Bußgelder angedroht oder verhängt wurden, desto stärker wurde die Volkszählungs-Boykottbewegung. Überall in der Republik schossen 1987 »Vobo-Ini...


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