Genozid oder doch »nur« Massenmord?

Die Anklage wegen Völkermordes wirft viele juristische Probleme auf

Das Kambodscha-Tribunal ist seit Beginn seiner Tätigkeit 2006 von Streit geprägt. Gestritten wurde über die interne Verfahrensordnung, über Bestechungsgelder, die kambodschanische Juristen angeblich den Behörden zahlen müssen, und über die Zahl der zu verhandelnden Fälle – aber auch über die rechtliche Einordnung der Verbrechen, derer sich die Angeklagten schuldig gemacht haben.

Die Vorwürfe gegen Nuon Chea, Ieng Sary, Khieu Samphan und Ieng Thirith haben es in sich: In der mehr als 700 Seiten umfassenden Anklageschrift wird den vier Beschuldigten eine lange Liste von Straftaten zur Last gelegt: Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen im Kontext des bewaffneten Konflikts zwischen dem »Demokratischen Kampuchea« und dem benachbarten Vietnam, Völkermord an Vietnamesen und der islamischen Minderheit der Cham und Verbrechen gemäß dem kambodschanischen Strafgesetzbuch von 1956, darunter Mord, Folter und Verfolgung aus religiösen Gründen.

Völkerrechtler beschäftigt seit Jahren vor allem der Anklagepunkt Genozid (Völkermord). Im allgemeinen Sprachgebrauch wird in jüngster Zeit nahezu jeder Fall von Massentötungen als Genozid bezeichnet, auch um die Schuldigen der öffentlichen Verdammung auszusetzen, denn Völkermord wird von der zivilisierten Welt verurteilt.

Der juristischen Definition zufolge handelt es s...


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