Offizielles Zögern bei Ehrung von Olga Benario-Prestes

Birkenwerder Integrationsschule hat sich erneut für früheren Namen entschieden

  • Sven Kurz
  • Lesedauer: 2 Min.
Die einzige Bildungsstätte, an der körperbehinderte Jugendliche zu DDR-Zeiten ihr Abitur ablegen konnten, war die Körperbehindertenschule »Olga Benario-Prestes« in Birkenwerder. Ein kleines Archiv informierte über den Lebensweg der deutschen Jüdin, die mit dem brasilianischen KP-Chef Luis Carlos Prestes verheiratet war. Sie musste das KZ Ravensbrück erleiden und wurde im Vernichtungslager Bernburg ermordet wurde. Der Schulname wurde nach der Wende schnell abgelegt, die Partnerschaft zu im deutschen Exil lebenden brasilianischen Kommunisten abgebrochen. Jetzt gibt es wieder Hoffnungen, dass die Schule ihren früheren Namen zurück erhalten kann. Im Dezember 2000 begann in der heutigen »Integrativ-kooperativen Gesamtschule mit gymnasialer Oberstufe«, in der nun Behinderte und Nichtbehinderte gemeinsam lernen, die Suche nach einem neuen Namen. Schüler, Eltern und Lehrer schlugen neun Namen vor. Anfang Februar dieses Jahres stimmten Eltern, Schüler, Lehrer und Personal darüber ab. Im März gab die Schulkonferenz das Ergebnis bekannt. Die Mehrheit hatte sich dafür entschieden, die Schule künftig erneut nach Olga Benario-Prestes zu benennen. In der Begründung heißt es: »Gerade in Zeiten wachsender rechtsextremistischer und antisemitischer Tendenzen steht der Name einer deutschen Jüdin, verheiratet mit einem Brasilianer, die in der Gaskammer ihr Leben lassen musste, für Toleranz und Weltoffenheit.« Träger der Schule und somit auch verantwortlich für die Namensgebung ist der Kreis Oberhavel. Nachdem die Schulkonferenz die Behörde über das Ergebnis des Namensfindungsprozesses informiert hatte, erhielt Schuldirektor Hansjörg Behrendt ein Schreiben des Landratsamtes, in dem mitgeteilt wird, man sehe »eine Vielzahl von Fragen«. Gleichzeitig wird aber zugesichert, man wolle das »parlamentarische Verfahren zeitnah einleiten«. Daraus wurde allerdings nichts. Nachdem die Schule mehrere Monate hingehalten wurde, beschloss kurz vor den Schulferien der Kreistag die Bildung einer »Namensfindungskomission«, die wohl kaum vor September zusammentreten wird. In der Erläuterung zur Beschlussvorlage wird auf das Verlangen des Bildungsministeriums hingewiesen, dass der Schulname für die Schüler verständlich sein und man einen Bezug zwischen Schule und Namen erkennen sollte. Dies scheine nicht erfüllt. In einer erregten Auseinandersetzung während einer Kreistagsdebatte äußerte Gerrit Große, Abgeordnete der PDS-Fraktion: »Es liegt der Verdacht nahe, dass man den Namen nicht will und deshalb die Kommission vorschaltet.« Mit Beginn des neuen Schuljahres dürfte die Debatte weitergehen. Zu befürchten ist, dass der Antrag der Schule per Kommissionsdekret abgelehnt werden soll. Das aber werden viele Schüler, Eltern und Lehrer nicht hinnehmen.
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