Tag der Trümmerfrauen

»Graue Panther« gedenken morgen der Aufbauhelferinnen

  • Andreas Heinz
  • Lesedauer: 3 Min.
Tag der Trümmerfrauen

Wenn Eva-Maria Mies den Namen des ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler in Zusammenhang mit dem Thema Trümmerfrauen hört, ist sie verärgert und enttäuscht. Die 77-Jährige gehört dem Vorstand des Berliner Seniorenschutzbundes »Graue Panther« an. Jedes Jahr am 9. Juli gedenken die Mitglieder der Aufbauarbeit der Trümmerfrauen. Dabei kam man auf die gute Idee, dem Bundespräsidenten vorzuschlagen, einige dieser Helferinnen zum jährlich stattfindenden Sommerfest einzuladen. Die Bitte wurde abschlägig beschieden.

Den Briefwechsel haben die »Panther« in ihrem Vereinsblatt veröffentlicht. Schutzbundmitglied Ursula Baumann hatte geschrieben: »... wenn der Bundespräsident seine Sommerparty zu Ehren besonderer Bürger gibt, ist mir noch nie eine Ehrung der Trümmerfrauen aufgefallen. Sie waren es doch, die den Grundstein für das jetzige Leben in Berlin gelegt haben! Und bestimmt leben von ihnen nicht mehr viele! Ist es da nicht endlich an der Zeit, offiziell und von der Regierung diese Frauen zu würdigen und zu ehren?«

Antwort aus dem Bundespräsidialamt: »... ohne Zweifel verdienen diese Leistungen der Trümmerfrauen großen Respekt und besondere Hochachtung. Der Einsatz der Trümmerfrauen hat für den Aufbau Deutschlands eine große Bedeutung und in der Geschichte einen festen Platz. Eine öffentliche Ehrung einiger Berliner Trümmerfrauen würde bei vielen anderen Frauen Hoffnungen auf eine Ehrung wecken, die ebenso wie die Berliner Trümmerfrauen große Opfer in schweren Zeiten gebracht haben. Da nicht alle berücksichtigt werden können, wäre eine Hervorhebung einzelner Frauen ungerecht und ist nicht vorgesehen.«

Damit die Erinnerung an die Aufbauhelferinnen nicht vollends in Vergessenheit gerät, treffen sich die »Grauen Panther« auch am morgigen 9. Juli wieder auf dem Hermannplatz im Bezirk Neukölln, um von dort zum Trümmerfrauen-Denkmal im gegenüber liegenden Jahnpark zu ziehen. Traditionell legen sie dort seit 1987 ein Blumengesteck nieder. Die Neuköllner Trümmerfrau wurde von der Bildhauerin Katharina Szelinski-Singer gestaltet und 1955 enthüllt.

Mit dem Treffen wollen die Mitglieder des Seniorenschutzbundes auch an das spätere Schicksal vieler Trümmerfrauen erinnern, die am Rande der Armut lebten. Wegen des Minimallohns aus der Nachkriegszeit erhielten sie auch nur eine minimale Rente. 1987 trieb ihre finanzielle Lage die damals 66 Jahre alte Ruth-Silvia Niendorf in den Selbstmord. Bei einer Rente von 700 Mark konnte sie eine Mieterhöhung um 76 Mark nicht mehr verkraften. Ruth-Silvia Niendorf erhängte sich. »Mit dem Gedenktag in der Hasenheide sollen die Frauen nicht vergessen werden, die mit ihrer Hände Arbeit zum Wiederaufbau dieser Stadt beigetragen haben«, betont in diesem Zusammenhang der 2. Vorsitzende der Grauen Panther in Berlin, Hans. E. Ohnmacht.

Nicht nur in Neukölln steht eine Trümmerfrau. Eine weitere Skulptur von Fritz Cremer schaut in Mitte aufs Rote Rathaus. Allerdings ist diese Figur zur Zeit durch einen Bauzaun verdeckt. Hier wird für die U-Bahn-Linie 5 gegraben. In der Pankower Ossietzkystraße steht eine von Gertrud Klaas geschaffene Skulptur. In Weißensee ist eine von Eberhard Bachmann gestaltete Aufbauhelferin im Park am Weißen See zu finden.

Trümmerfrauen-Gedenktag, 9. Juli, 11 Uhr, Hermannplatz, Neukölln; Graue Panther, Nonnendammallee 80, Siemensstadt www.graue-panther-berlin.de

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