E.on-Beschäftigte zahlen Verluste

Energieriese nennt Atomausstieg und Gasgeschäfte als Gründe für Abbau von 11 000 Stellen

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Spekulationen um einen Abbau von bis zu 11 000 Stellen hat der Energiekonzern E.on gestern in Düsseldorf bestätigt. Grund seien Gewinneinbrüche durch den Atomausstieg und ein schlechtes Gasgeschäft.

Er stelle die »schlechteste Halbjahresbilanz in der Geschichte des Konzerns« vor. Und das komme wenig überraschend, betonte der Vorstandsvorsitzende von E.on, Johannes Teyssen, gestern in Düsseldorf. Um 71 Prozent auf 933 Millionen sei der Konzernüberschuss im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesunken, so der Chef des weltweit größten nichtstaatlichen Energiekonzerns. Zwischen April und Juni habe der Energieriese gar erstmals ein Quartal durchlaufen, das mit Verlusten abgeschlossen wurde. 380 Millionen Euro betrage die rote Ziffer.

Als Hauptgrund für den »Ertragseinbruch« benannte Teyssen »die 180-Grad-Wende in der deutschen Energiepolitik«, die für E.on eine »erhebliche Zäsur« darstelle. Auf 1,9 Milliarden Euro bezifferte er die Mehrkosten und Mindereinnahmen durch den beschleunigten Atomausstieg nach Fukushima. Vier Atomkraftwerke muss E.on kurzfristig vom Netz nehmen.

Der E.on-Chef erklärte, die Ausgaben des Konzerns binnen vier Jahren um 1,5 auf 9,5 Milliarden Euro pro Jahr senken zu wollen. Dies sei ohne »eine konsequente Verringerung der Personalstärke« nicht möglich. Auf 9000 bis 11 000 Stellen weltweit bezifferte er den »Anpassungsbedarf«. Die »Anpassung« – sprich: der Stellenabbau – müsse »so schnell wie irgend möglich« erfolgen. Damit bestätigte Teyssen entsprechende Medienberichte. Dies sei indes weder ein Signal noch eine Schuldzuweisung an die Politik, betonte er.

Neben der dezent forcierten Energiewende nannte Teyssen einen Rückgang beim Stromverkauf und ungünstige Gaslieferverträge als weitere Probleme. Knapp eine Milliarde Verlust im globalen Gashandel weist die Konzernstatistik aus. Teyssen kündigte an, dem Lieferanten Gazprom in einem Schiedsverfahren Zugeständnisse abringen zu wollen. Generell bleibe die Lage schwierig, eine Entspannung sei kurzfristig nicht zu erwarten.

Etwa die Hälfte der als überflüssig empfundenen Stellen wolle E.on in den Verwaltungsstrukturen einsparen, verkündete der Manager. Erst der »Abbau überkommener Strukturen« setze Mittel frei für »den Ausbau guter Geschäfte«. Zwar bestünden auch im operativen Bereich »Effizienzreserven«. Allzu stark einsparen wolle man dort jedoch nicht – weil »damit unsere Ertragsseite gefährdet würde«. Ob ganze Standorte veräußert oder geschlossen werden sollen, ließ Teyssen ebenso offen wie die Frage, ob der Vorstand betriebsbedingte Kündigungen einplane. Kein einzelnes Mittel sei ausgeschlossen, hob Teyssen hervor.

Mehrfach wich der 51-Jährige der Frage aus, wie viele Stellen in Deutschland wegfallen sollen. Er wolle keine Unruhe verbreiten, betonte der Volkswirt und Jurist. Als »reine Spekulation« bezeichnete Teyssen Schätzungen der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, denen zufolge hierzulande 6000 Arbeitsplätze bedroht seien.

Ver.di kündigte gestern Widerstand gegen den geplanten Stellenabbau an. Die Überlegungen der E.on-Spitze seien nicht schlüssig, so ver.di-Vorstand Erhard Ott. Er erwarte vom Vorstand klare Zusagen, dass betriebsbedingte Kündigungen auch über den 31. Dezember 2012 hinaus ausgeschlossen seien. Das müsse auch für die vom Atomausstieg betroffenen AKW-Mitarbeiter gelten.

Der Stellenabbau bei E.on sei die Konsequenz einer über Jahre verfehlten Konzernpolitik, betonte Oliver Krischer, energiepolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion. Beharrlich habe der Konzern die Zeichen der Zeit verkannt »und an seinem veralteten Geschäftsmodell mit Kohle- und Atomkraftwerken festgehalten«. Hubertus Zdebel, NRW-Landessprecher der LINKEN, forderte den E.on-Vorstand zum Rücktritt auf – und die Vergesellschaftung des Konzerns. Trotz »weiter sprudelnder Milliardengewinne« seien nun zehntausend Mitarbeiter von Entlassung bedroht.

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