Aus für Teil von Danish Steel

Stahlwalzwerk nördlich Kopenhagens pleite/1000 Arbeitsplätze verschwinden

  • Andreas Knudsen
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.

Danish Dynamit ist ein Begriff in der Fußballwelt, Danish Steel in der Öffentlichkeit hingegen weitgehend unbekannt. Und wenn sich die gegenwärtige Situation für »Det Danske Stålvalseværk« in Frederiksværk nördlich von Kopenhagen nicht bald ändert, wird die vorläufige Zahlungseinstellung die endgültige sein.

Vor kurzem erhielten die rund 1000 Beschäftigten des Werkes den erwarteten Blauen Brief. Allerdings erwecken die Direktion wie die Medien den Eindruck, das letzte Wort in der 60-jährigen Geschichte des dänischen Stahlwalzwerkes sei noch nicht gesprochen. Eine Wiederaufnahme der Produktion würde nicht nur die Beschäftigten aufatmen lassen, sondern auch den Bürgermeister des etwa 11000 Einwohner zählenden Frederiksværk sowie die Kommunalvertretungen der kleinen Umgebungsorte. Denn das Walzwerk ist - oder besser: war - der mit Abstand größte Arbeitgeber in der Gegend, die außerdem nur wenige Arbeitsplätze in Landwirtschaft, Fischerei und Tourismus zu bieten hat. Laut Angaben der Direktion wird gegenwärtig mit fünf Käufern ernsthaft verhandelt, die das Walzwerk ganz oder teilweise übernehmen wollen. Unter diesen sollen sich allerdings nicht die beiden größten skandinavischen Stahlproduzenten Svensk Stål AB aus Schweden und der sonst aufkaufinteressierte Rautaruukki-Konzern aus Finnland befinden. Spekuliert wird hingegen, ob der indische LNM-Konzern die Rettung bringen könnte. LNM ist in aller Stille zum viertgrössten Stahlproduzenten der Welt gewachsen und hat sich in den letzten Jahren darauf spezialisiert, konkursbedrohte Stahlwerke in Osteuropa zu übernehmen und auf Gewinn zu trimmen. Sollte das Walzwerk doch nicht zu retten sein, verschwindet ein weiterer Teil der noch vor einer Generation recht aktiven Schwerindustrie Dänemarks. Das Industriezeitalter begann für Frederiksværk vor etwa 250 Jahren, als königliche Kanonengießereien und Pulverfabriken eröffnet wurden. Das heutige Stahlwalzwerk befindet sich zu rund 45 Prozent in den Händen des altdominierenden dänischen Industrie- und Reedereikonglomerates A.P. Møller, zu einem Drittel in denen des Staates. Den Rest besitzen kleinere Aktionäre. Der hohe Anteil des Staates und der Møller-Gruppe erklärt sich aus der Geschichte. Das Stahlwalzwerk wurde im Gegenzug zu einer 30-prozentigen Stahlabgabe errichtet, mit deren Hilfe die damaligen Stahlgiganten den Ausbau der in den 30er Jahren kräftig expandierenden dänischen Handelsflotte blockieren wollten. Die Møller-Reederei verfügte bereits damals mit der Werft in Odense über eine Hauswerft, der es nun am Nachschub an Stahlplatten mangelte. Deshalb wurde 1940 der Beschluss gefasst, ein eigenes Stahlwalzwerk zu errichten und es logistisch günstig an der Kategatt-Küste zu platzieren. Diese Randlage erweist sich heute als Problem, denn es wird nicht leicht sein, Investoren dorthin zu locken, wenn Kopenhagen oder Gemeinden in der unmittelbaren Umgebung günstigere Bedingungen anbieten. Außer dem geografischen ist ein weiterer Nachteil, dass das Walzwerk zwar eine Kapazität hat, die den Stahlbedarf Dänemarks mehrfach decken würde, mit Stahlplatten jedoch ein recht simples Produkt erzeugt, die außerdem noch zu 80 Prozent exportiert werden. Diese lassen sich billiger aus Osteuropa beziehen. Das tut auch der Møller-Konzern, der heute Schiffsrümpfe in Litauen bauen und in Odense ausrüsten lässt. Das letzte Jahr brachte zudem Qualitätsprobleme sowie strategische Fehlentscheidungen in der Direktion. Diese Probleme konnte der dänische Zwerg der unter Überkapazitäten leidenden Stahlbranche nicht länger bewältigen und musste die Walzen abstellen. Es ist nicht das erste Mal in den letzten Jahren, dass dänische Städte in »Randlagen« damit konfrontiert werden, dass der einzige größere Arbeitgeber schließt. Dies erlebten Nakskov und Helsingör, als die dortigen Werften schlossen, oder Korsør, als die Brücke über den Großen Belt die florierende Fährindustrie auf Sand setzte. Diese Städte vermochten nach Stagnationsperioden, neue Investoren anzuziehen und den befürchteten lokalen Weltuntergang abzuwehren. Dazu trug auch eine aktive dänische Regionalpolitik bei, die einseitig...

Wenn Sie ein Abo haben, loggen Sie sich ein:

Mit einem Digital-, Digital-Mini- oder Kombi-Abo haben Sie, neben den anderen Abo-Vorteilen, Zugriff auf alle Artikel seit 1990.

Bitte aktivieren Sie Cookies, um sich einloggen zu können.