Werbung

Stadt Cottbus bekämpft ihre Geldnot

Chef der SPD-Landtagsfraktion distanziert sich von Vorwürfen gegen den Oberbürgermeister

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Finanzsituation der Stadt Cottbus ist so angespannt, dass der Oberbürgermeister Frank Szymanski (SPD) aus den Reihen der eigenen Partei heraus angegriffen wird. Gestern musste sich der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Ralf Holzschuher, deswegen mit einem Fall von Illoyalität auseinandersetzen. Es ist ein internes SPD-Papier an die Öffentlichkeit gelangt, das äußerst unfreundlich mit SPD-Oberbürgermeister Szymanski umgeht.

»Das ist kein Papier der Fraktion und auch nicht die Meinung eines Fraktionsgremiums«, sagte Holzschuher. Er sprach von einem »Vertrauensbruch gegenüber der Fraktion«. Die Äußerungen hätten intern bleiben sollen. Wenn auch »nicht alles falsch« sei, was ein Referent da an die Presse gegeben habe, so entsprechen die Thesen »nicht meiner Meinung«. Nicht jeder von einem Referenten erarbeiteter Entwurf für ein Strategiepapier bilde die Grundlage für Politik. Er sei zunächst die Meinung des Referenten und nicht mehr. Es sei nicht korrekt, sich Teilaspekte herauszugreifen und dem Oberbürgermeister Szymanski vorzuwerfen, er betreibe keine Konsolidierung der Stadtfinanzen. »So ist es nicht.« Zu dem im umstrittenen Papier aufgeführten Personalkostenvergleich sagte Fraktionschef Holzschuher, es würden »Äpfel mit Birnen« verglichen. In dem Papier hatte der Autor der Stadtverwaltung vorgeworfen, sich selbst üppig auszustatten und Möglichkeiten der Einsparung nicht zu nutzen.

Bezogen auf niedrige Hebesätze bei Gewerbesteuern erklärte Holzschuher, möglicherweise entgehe Cottbus an dieser Stelle Geld. Doch habe es im Vergleich mit dem konkurrierenden Umland dabei wenig Spielraum. Ein »drastisches Gefälle« könne sich die Stadt hier nun einmal nicht erlauben. »Es tut mir leid, dass Frank Szymanski jetzt so dasteht, als stünde er im Fokus unserer Kritik«, fügte Holzschuher hinzu.

Der Fraktionsvorsitzende räumte ein, dass die Lage der kreisfreien Städte im Land Brandenburg, von Potsdam vielleicht abgesehen, sehr schwierig sei. Das führte er auf die steigenden Sozialausgaben zurück, die der Bund den Kommunen aufzwinge. Das Land habe sich bemüht, die kreisfreien Städte besser zu stellen und ihre Zuschüsse auf 150 Prozent erhöht.

Offenbar um von dem für ihn nicht angenehmen Vorgang abzulenken, machte Holzschuher geltend, dass nicht in Cottbus, wohl aber in der CDU-regierten Stadt Brandenburg an der Havel »gesetzwidrige« Zustände herrschten. Denn dort habe Oberbürgermeisterin Dietlind Tiemann (CDU) bis heute keinen Haushalt für das laufende Jahr vorgelegt und das, obwohl sie – selbst unter Inanspruchnahme möglicher Fristverlängerung – das bis zum 31. Juli hätte tun müssen. Mit diesem »unfassbaren« Verhalten stehe die Stadt Brandenburg allein da.

Der SPD-Politiker Holzschuher machte darauf aufmerksam, dass die Oberbürgermeister-Wahl in Brandenburg/Havel stattfinde, während die Finanzlage der Stadt ungeklärt sei. Er merkte an, die Stadt Brandenburg stehe deutlich schlechter da als Cottbus.

In der ersten Wahlrunde bekommt es Dietlind Tiemann am 11. September mit ihrem einstigen Stellvertreter Norbert Langerwisch (SPD) zu tun. Die Sozialisten schicken Linksfraktionschef Alfredo Förster ins Rennen. Er traut sich zu, die Oberbürgermeisterin in die Stichwahl zu zwingen.

Nach Angaben des Innenministeriums addieren sich im Fall von Cottbus zum Schuldenstand von 43 Millionen Euro im Jahr 2010 noch einmal Kassenkredite von über 205 Millionen Euro. Brandenburg/Havel meldet 35,5 Millionen Euro Schulden und immerhin 130 Millionen Euro Kassenkredite. Die Stadt Potsdam habe 93 Millionen Euro Schulden. Ihr Haushalt werde aber immerhin nicht zusätzlich von einem Kassenkredit gedrückt.

Vor dem Hintergrund der schwierigen Finanzlage der Kommunen wird der Hilfs- und Ausgleichsfonds für Kommunen in Not, der seit 2001 besteht, rege in Anspruch genommen. Der Fonds wurde aufgelegt, um hoch verschuldeten Gemeinden zumindest die Erfüllung ihrer Pflichtaufgaben zu ermöglichen. Während einige Gemeinden nach Finanzspritzen wieder auf eigenen Füßen stehen, hat dies bei anderen nicht geklappt. Sie benötigen oft mehrjährige Hilfen, um die hohe Verschuldung schrittweise abzubauen.

Etwas günstiger sieht es im laufenden Jahr aus, weil das Land die unerwartet hohen Steuereinnahmen mit den Kommunen teilt. Laut Berechnungen von Ende 2009 war die kommunale Ebene in Brandenburg insgesamt mit rund 1,6 Milliarden Euro verschuldet.

Doch wurden im laufenden Jahr die grundlegenden Ausgaben des Landes für Kommunen strukturell abgesenkt. Die Novellierung des brandenburgischen Finanzausgleichsgesetzes führte dazu, dass Kommunen dann noch 865 Euro pro Einwohner für die Erledigung kommunaler Aufgaben erhalten. Bislang waren es 908 Euro.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!