Weizen statt Waffen

Kommentar von René Heilig

  • Lesedauer: 2 Min.

Libyen hat 100 000 Tonnen russischen Weizen gekauft, teilte ein am Deal beteiligtes deutsches Handelsbüro mit. 50 000 Tonnen, für die noch die Regierung Gaddafi gezahlt hat, seien bereits nach Bengasi gebracht worden. Derzeit werden im Schwarzmeerhafen Noworossisk weitere 25 000 Tonnen Getreide verladen, man sei zuversichtlich, dass diese Lieferung sowie weitere Schiffsladungen ordnungsgemäß von Gaddafis Nachfolgern bezahlt werden.

Geld haben sie ja. Auch weil – nein, obwohl – der Übergangsrat die von Gaddafi mit Russland abgeschlossenen Waffenverträge aufgekündigt hat. Darüber ist man in Moskau nicht begeistert, denn schließlich ging es dabei auch um die Begleichung libyscher Schulden. Als Putin Anfang 2008 in Tripolis war, hatte sich Moskau bereit erklärt, 4,6 Milliarden Dollar Altschulden abzuschreiben, wenn Libyen dafür russische Waffen kauft, sie von den Herstellern warten und das Personal von russischen Militärs schulen lässt. Wer diesen Deal seltsam findet, muss wissen, dass kurz zuvor Iran als Absatzmarkt für Moskaus Militärtechnik ausgefallen ist, weil die UNO ihre Embargopolitik gegenüber Teheran verschärfte.

Weizen statt Waffen, damit kann man – im Wortsinn – leben. Doch wie verhalten sich die westlichen Mächte, die Gaddafi aus dem Weg gebombt haben? Werden Franzosen, Briten, Italiener ebenfalls als Waffenlieferanten gestrichen? Und was ist mit Deutschland? In Libyen ist doch mehr abzusetzen als nur ein paar G36-Sturmgewehre, deren illegale Existenz im nunmehr fast befreiten Wüstenstaat gerade klammheimlich aus den Nachrichten deutscher Medien verschwindet.

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