Gerangel um das Rathaus

SPD will Bürgermeister in Lichtenberg stellen / Christina Emmrich (LINKE) bangt um Erfolge

  • Tim Zülch
  • Lesedauer: 3 Min.
Auf dem Anton-Saefkow-Platz.
Auf dem Anton-Saefkow-Platz.

In Lichtenberg hat die Linkspartei bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zur Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Stimmen verloren. Hatte sie bisher 24 Sitze in der BVV Lichtenberg, werden es künftig nur 20 sein. Obwohl die LINKE damit noch immer stärkste Fraktion ist, versucht die SPD einen eigenen Kandidaten durchzubringen und wirbt dafür bei den kleineren Parteien CDU, Grüne und Piraten um Zustimmung. 28 Stimmen sind nötig für die Wahl des Bezirksbürgermeisters und der Stadträte.

Bisher haben sich die kleineren Fraktionen in der BVV nicht festgelegt, welchen Bürgermeisterkandidaten sie unterstützen werden. Obwohl sich die CDU offiziell erst Anfang Oktober festlegen will, wird jedoch vermutet, dass sie den Kandidaten der SPD unterstützen wird. Im Gespräch ist der bisherige stellvertretende Bürgermeister und Stadtrat für Stadtentwicklung, Bauen, Umwelt und Verkehr, Andreas Geisel (45). Da SPD und CDU zusammen nur 24 Stimmen haben, wird es zusätzlich auf die Stimmen der Grünen oder der Piraten ankommen. Die Grünen sind in der neuen BVV mit vier Sitzen, die Piraten mit fünf Sitzen vertreten.

Wie Helge Eichelberg von der Piratenpartei gegenüber ND sagte, habe man bereits Gesprächsanfragen von der SPD und von der Linkspartei bekommen, aber sich bezüglich des Bezirksbürgermeisters noch nicht festgelegt. Thematisch sei den Piraten aber die Transparenz der Verwaltung und ein öffentliches W-LAN-Netz, Freifunk genannt, wichtig.

Andreas Geisel bekräftigte vor der Wahl bereits einen Anspruch der SPD auf mehr Macht im Bezirk. Die Linkspartei habe »abgewirtschaftet« und auf die drängenden Probleme im Bezirk keine Antwort. Weil in den letzten Jahren zunehmend Familien mit Kindern nach Lichtenberg ziehen, sei, so Geisel, der Ausbau der Kita- und Schulstruktur eines der drängendsten Probleme im Bezirk. Seiner Ansicht nach müssten schnellstmöglich 1100 neue Kitaplätze entstehen. Vor allem in Karlshorst sei der Bedarf hoch und die Kita-Wartelisten lang. Die Linkspartei tue da zu wenig.

Außerdem müsse der Lichtenberger Bürgerhaushalt, eines der Lieblingsthemen von Bürgermeisterin Christina Emmrich (LINKE), umgestaltet werden. Die Möglichkeit für die BürgerInnen, Einsparungen vorzuschlagen, müsse wieder eingeführt werden. Diese Möglichkeit war Anfang des Jahres abgeschafft worden. »Die Menschen fühlen sich verschaukelt«, so Geisel. Von 550 Bürgervorschlägen zum Bürgerhaushalt seien nur 30 umgesetzt worden. Grundsätzlich stehe die SPD aber hinter dem Bürgerhaushalt, versicherte er.

Dass die Position der Linkspartei im Osten der Stadt durch die Wahl geschwächt wurde, sieht auch der Sprecher der Linkspartei in Lichtenberg, Norman Wolf. Allerdings sei man bei der Suche nach Ursachen noch nicht zu einem endgültigen Ergebnis gekommen. Sicher sei aber, dass 19 000 Mieterhöhungen während des Wahlkampfes von städtischen Wohnungsbaugesellschaften schwer zu vermitteln waren.

»Unsere Wahlplakate waren vor diesem Hintergrund unglaubwürdig«, so Wolf. »Mieter vor Wild-West schützen« stand auf den berlinweit gehängten Wahlplakaten der Linkspartei, verbunden mit der Forderung nach einem sozialen Mietrecht.

Die derzeitige Bezirksbürgermeisterin Christina Emmrich muss nun um das Bürgermeisteramt in Lichtenberg kämpfen, wenn sie ihre Projekte weiter voranbringen möchte. Dazu gehört unter anderem ganz besonders der mit ihrem Namen so eng verbundene Bürgerhaushalt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal