Nicht gezielt, doch mehrfach getroffen

Stiefvater gestand vor dem Landgericht Schüsse auf die Ulmer Boxerin El-Halabi

  • Lesedauer: 2 Min.

(dpa). Vier Schüsse streckten im Frühjahr die Profiboxerin Rola El-Halabi vor ihrem Kampf in Veranstaltungsräumen der Trabrennbahn Berlin-Karlshorst nieder. Ihr 44-jähriger Stiefvater gestand die Tat am Dienstag vor dem Berliner Landgericht. Ihm wird gefährliche Körperverletzung vorgeworfen.

Vehement bestritt der Angeklagte jedoch, gezielt geschossen zu haben, um die Boxkarriere seiner 26 Jahre alten Stieftochter nach Familienstreitereien zu zerstören. Die Kugeln hatten die Frau im vergangenen April in Hände und Beine getroffen. »Sie hatte Scheiße gebaut, aber ich wollte ihr vor dem Kampf trotzdem alles Gute wünschen«, gab der Angeklagte im großem Verhandlungssaal des Kriminalgerichts Moabit zu Protokoll.

»Ich war nicht mehr ich, ich weiß nicht, warum ich schoss«, sagte der Angeklagte. Plötzlich habe Rola mit ausgestreckter Boxerfaust vor ihm gestanden, da habe er gefeuert, gestikulierte der Mittvierziger mit den grauen Schläfen und Halbglatze. Einen zweiten Schuss habe er zwischen die Beine gefeuert. An die letzten Schüsse wollte sich der frühere Manager El-Halabis nicht mehr erinnern können.

Als Rola auf dem Boden lag, habe er sich die Waffe an den Kopf gehalten, um sich zu töten. Die Stieftochter habe sein Leben kaputt gemacht und seine Familie zerstört. In dem Moment habe Rola gefleht: »Papa bitte nicht, hilf mir, ich habe Schmerzen.« Es sei schrecklich gewesen, erinnerte sich der in Kuwait geborene Goldschmied mit deutschem Pass. »Ich habe allen geschadet, am meisten meiner Familie und vor allem Rola«, fügte er den Namen der Stieftochter zögerlich hinzu.

Als Auslöser des Konflikts gilt den Ermittlungsbehörden die Beziehung der jungen Frau zu einem verheirateten Mann, der vom Angeklagten abgelehnt wurde. Im Sommer 2010 war es zum Bruch zwischen Vater und Tochter gekommen. »Du bist skrupellos, meinen Segen bekommst du nicht«, hatte der Angeklagte seiner Stieftochter entgegengeschleudert.

Die 26-Jährige war aufgrund ihrer Verletzungen wochenlang auf einen Rollstuhl angewiesen. Ein Knochenstück aus ihrem Becken ersetzt mittlerweile ein Handknöchelchen. Ein Gerichtsmediziner soll im Laufe des Prozesses über die Folgen der Verletzungen berichten.

Stiefvater und Stieftochter hatten sich nach den Schüssen erst im Gerichtssaal wiedergesehen. Als die Anklage verlesen wurde, mied der Angeklagte Augenkontakte. Die in einen schwarzen Blazer und dunkle Jeans gekleidete Sportlerin verließ den Saal vor seinen Aussagen.

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