Eine Liebe auf dem Grund

»Die kleine Meerjungfrau« im Weiten Theater

  • Lucía Tirado
  • Lesedauer: 3 Min.

Ach, was ist das für ein Hochgefühl, sich in Meerestiefen sinken zu lassen. Der Schönheit dieser farbenreichen Landschaft will der fröhlich tauchende Prinz auf den Grund gehen. Er kann sich gar nicht sattsehen an der bunten Pracht, bestaunt durch seine Taucherbrille begeistert die Pflanzenwelt. Und da hört und sieht er sie auch schon, die kleine Meerjungfrau, die im Schloss am Meeresboden wohnt. Sie ermöglicht ihm für kurze Zeit, unter Wasser zu atmen und mit ihr ohne Problem reden zu können. Und kaum haben sie sich kennen gelernt, da hat sich die kleine Nixe auch schon in den Prinzen verliebt in der Inszenierung nach dem Märchen »Die kleine Meerjungfrau« von Hans Christian Andersen. Björn Langhans und Torsten Gesser haben das Stück für Kinder ab fünf Jahren inszeniert. Die Premiere gab es als Märchenabend für Erwachsene im Lichtenberger Weiten Theater als Gastspiel des Theaters des Lachens Frankfurt (Oder) zu sehen.

Langhans spielt allein das auch musikalisch gut gemachte Stück. Hinlänglich bekannt ist, wie die Sache im Original ausgeht. Deshalb lassen die Künstler die Geschichte um die nicht erwiderte Liebe für die Kinder etwas milder enden. Die kleine Meerjungfrau bleibt am Leben. Sie darf den Prinzen aber nur noch einmal sehen. Dann taucht sie unter - für immer. Dem Prinzen aber wird Tauchverbot im Meer auferlegt. Strafe muss sein. Schließlich heiratet er eine andere.

Der Einstieg zum Meer erinnert auf der Bühne an die ringförmige Öffnung zu einem Kanal. Da ist gut und praktisch gemacht. Ein Teil des Rings lässt sich hochklappen, gibt die Sicht unter Wasser frei. An diesem Ort wird liebevoll der 15. Geburtstag der kleinen Meerjungfrau vorbereitet. Ein wichtiges Datum, denn von diesem Tage an darf die Nixe auftauchen, um die Welt oberhalb des Meeresspiegels zu betrachten. Der Fisch Lenny, der gar nicht einsiedlerisch veranlagte Einsiedlerkrebs Karl und der Leuchtstern Dieter, kurz LSD genannt, übertreffen sich mit ihren Gestaltungsideen für das Fest. Ulkig lässt Langhans diese Figuren erscheinen und andere kleine Wesen durch die Tiefe schwirren.

Zur alten Meerhexe, die der Meerjungfrau die Flosse wegzaubert und sie ihr letztlich wieder gibt, verkleidet sich der Puppenspieler dann blitzschnell selbst. Er wird zur grünen Krake. Das Spiel geht zügig voran. Es ist für Kinder aber gut nachvollziehbar. Ihre Sympathie kann sich auf alle Wesen verteilen, die sie auf der Bühne sehen. Noch nicht so gut gelang bei der ersten Aufführung der Stimmenwechsel des Puppenspielers von dem Prinzen oder der Hexe zur Meerjungfrau. Hier setzte Langhans noch zu tief an. Das nimmt der Figur Liebreiz. Die alte Hexe hingegen hätte ihm nicht besser gelingen können.

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