Wenn vom Auto der Bär abgekratzt wird

Eingezogene Fahrzeuge kommen unter den Hammer mit allem, was sich noch im Inneren verbirgt

»So ein Autokauf ist was Spannendes«, sagte Steffen Krefft. Besonders, wenn man den Wagen nur von außen sehen darf, weder Schlüssel noch Papiere vorhanden sind und der Verkäufer keine Garantie gibt. Steffen Krefft ist aber kein zwielichtiger Autohändler, sondern Fachbereichsleiter für Fahrzeugbeseitigung. Mehrmals im Jahr versteigert er in Berlin als Auktionator nicht mehr zugelassene und vom Amt für Ordnungsaufgaben sicher gestellte Fahrzeuge. Am 1. August ist es wieder soweit: Für 303 eingezogene Pkw, Motorräder oder Lkw fällt der Hammer.
Keines der Fahrzeuge ist für den Straßenverkehr zugelassen. Bis Mai dieses Jahres gingen bei der Polizei über 12600 Anzeigen von der Zulassungsstelle ein. Etwa, wenn die Haftpflichtversicherung nicht mehr bezahlt wurde, TÜV und ASU abgelaufen sind oder Steuerschulden bestehen. Die Polizei entstempelt das Fahrzeug, kratzt also den Berliner Bären vom Nummernschild, fahndet dann nach dem Besitzer und fordert ihn auf, das Fahrzeug zu beseitigen. Die meisten Personen werden ausfindig gemacht. »Die Aufklärungsrate liegt bei über 90 Prozent. Wir kriegen alle! Es lohnt sich nicht, sein Auto einfach stehen zu lassen«, konstatierte Umweltstadtrat Andreas Geisel (SPD). Sogar abgefeilte Fahrgestellnummern könnten mit Hilfe spezieller Säuren wieder sichtbar gemacht werden.
In 60 Prozent aller Fälle hilft die Aufforderung der Polizei, und das betreffende Fahrzeug verschwindet. Falls nicht, drohen Bußgelder bis 1000 Euro, und das Streitobjekt landet auf einem Abstellplatz. Holt der Besitzer sein Auto oder Moped nach wie vor nicht ab, kommt es auf eine Versteigerung, falls es nicht unter die Kategorie »Abfall« fällt. Im letzten Jahr gab es 28000 Anzeigen. Rund 3400 Fahrzeuge wurden beseitigt, 1000 davon verschrottet. Auf den jährlich mehrfach stattfindenden Auktionen bieten etwa 50 zumeist männliche Schnäppchenjäger um die Wette, berichtete Krefft. Er selbst hat mehr als tausend Autos unter den Hammer gebracht. Die Erlöse einer Auktion lagen immer über 50000 Euro. »Wir machen aber keinen Gewinn. Die Differenz zu unseren Aufwendungen geht an die Landeskasse.«
Die Käufer seien schon auf bestimmte Marken spezialisiert. »Es ist anzunehmen, dass viele der Autos ausgeführt werden«, mutmaßte der Auktionator. Er gab zudem den Tipp, sich die Fahrzeuge vorher anzusehen, denn bei der Auktion selbst werden nur Dias an die Wand geworfen. Allerdings dürfen die Autos lediglich von außen besichtigt werden, »sonst lösen sich die Fahrzeuge Stück für Stück auf«, erklärte Steffen Krefft diese Maßnahme. So weiß der Käufer nie genau, was er da erwirbt; für Mängel übernimmt das Amt keine Haftung. Dessen Mitarbeiter werfen zwar einmal einen Blick in das Wageninnere, jedoch nur, um die Fahrgestellnummer mit dem Kennzeichen abzugleichen und mögliche Diebstähle aufzudecken. Auf diese Weise hat man die Chance, einen Trabbi Baujahr 89, ein VW-Wohnmobil Baujahr 77 oder einen BMW 3 Baujahr 93 inklusive Duftbäumchen, Wackeldackel, Zigarettenkippen oder was sich sonst noch so im Auto befindet, zu ersteigern. »Und wenn da Geld im Kofferraum liegt, wird das mitversteigert«, sagte Steffen Krefft. Ein Überraschungsei auf Rädern also. Die Gebote beginnen bei 50 Euro, für hochwertige Autos bei der Hälfte ihres Marktwertes. Gesteigert wird in 50-Euro-Schritten. Die Liste aller Angebote steht im Internet unter www.berlin.de/ba-lichtenberg/Verwaltung/Regord/fahrzeug.html. Die Auktion findet am 1. August um 14.30 Uhr in der Kantine vom Bezirksamt Lichtenberg, Große-Leege-Str. 103, statt. Kaufinteressenten müssen einen Personalausweis mitbringen.
Besichtigungstermine: 30./31. 07., 10-17 Uhr bei: Ingolf Faber, Basdorfer Str., 16515 Zühlsdorf, Fa. Siewert & Co, Boxberger Str. 9, 12681 Berlin, Erich Wiesenberg, Waldstr. 11a, 16341 Schwanebeck/ bergwalde sowie Fuhrbetrieb Norb...

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