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Die Gedanken sind frei - zumindest an der Universität
In einer Enquetekommission des Landtags musste die Unabhängigkeit von Forschung und Lehre verteidigt werden
Bei der Gesinnungsprüfung durch die Enquetekommission des Landtags zur Aufarbeitung der Nachwendejahre kamen gestern Hochschulen und Institute an die Reihe. Wissenschaftler wehrten sich gegen Bevormundung.
Gutachter Jens Hüttmann legte eine Untersuchung vor, die den brandenburgischen Universitäten eine breite Beschäftigung mit der DDR-Geschichte zugesteht. Bundesweit nehme das Land dabei sogar einen »Spitzenplatz« ein. Die Behauptung der Oppositionsparteien, in Brandenburg gebe es da Defizite, verwies Hüttmann ins Reich der Legenden. Mit Blick auf den oft vorgebrachten Hinweis auf angeblich verhängnisvolle »personelle Kontinuitäten« sagte Hüttmann, dass es in der Gesellschaft auch ein berechtigtes Interesse gebe, »belastete Personen zu integrieren«. Mit klaren Worten wehrte er sich gegen die Verordnung eines einzigen Geschichtsbildes. Er verwies auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, wonach Bildungsstätten nicht verpflichtet werden können, ein verbindliches Geschichtsbild zu vermitteln.
Das war nun ganz und gar nicht im Sinne der Opposition und der von ihr benannten Kommissionsmitglieder. Professor Klaus Schroeder kreidete Hüttmann an, nicht die vermittelten Geschichtsbilder und die Inhalte der Lehrvorgaben untersucht zu haben, wie es sein Auftrag gewesen sei. Zu beanstanden sei, dass »harte Themen«, wie Repression zu DDR-Zeiten in der wissenschaftlichen Bildung nur eine marginale Bedeutung haben. Schröder wiederholte seine These, es gebe Leute, die in der DDR keine Diktatur sehen, sondern allenfalls von den »Demokratiedefiziten« dieses Staates sprechen.
»Ich kenne keinen ernst zu nehmenden Wissenschaftler, der den Diktaturcharakter der DDR in Frage stellt«, entgegnete der angegriffene Hüttmann. Und das gelte bis in die Kreise der Rosa-Luxemburg-Stiftung hinein. Wer sich mit dem DDR-Alltag befasse, der sei durchaus einem »harten« Thema auf der Spur, denn Eingrenzung zeigte sich in erster Linie dort.
Der Landtagsabgeordnete Peer Jürgens (LINKE) nannte Schroeders Kritik lächerlich und dessen Maßstäbe »kleinkariert«. Es wäre zu begrüßen gewesen, wenn Schröder solche Maßstäbe an das Gutachten angelegt hätte, dass gerade von der Kommission zurückgewiesen worden war. Die Kommission hatte vereinbart, dass der Politologe Steffen Alisch sein Gutachten zum DDR-Bild in den Parteien erneut überarbeiten soll. Alisch war zu dem Schluss gekommen, dass Brandenburgs Parteien durchgängig wenig Interesse an einer Auseinandersetzung mit der DDR-Vergangenheit hatten. Entschieden sträubte sich Peer Jürgens gegen Bestrebungen, die Inhalte von Lehrveranstaltungen der Universitäten auf politische Richtigkeit zu untersuchen.
Vor engen Vorgaben warnte auch Professor Günter Behrmann. Schon früher sei das DDR-Bild an den deutschen Hochschulen unterschiedlich gewesen »und genauso ist es heute«.
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