Airport zwischen Fluch und Segen

Fachleute sehen viele Chancen für Schönefeld

  • Rainer Funke
  • Lesedauer: 3 Min.

Für die einen ist der neue Flughafen BER in Schönefeld keine Verheißung. Weit gestreut entlang der jeweiligen Flugrouten, im Volksmund längst Fluchrouten genannt, droht eine Berieselung mit ungesundem Lärm und Schadstoffen. Andere sehen einen Segen in dem Projekt, das am 3. Juni nächsten Jahres eingeweiht werden soll. Die Airlines hoffen auf mehr Fluggäste, die Politik und die Wirtschaft der Region auf mehr Arbeitsplätze.

Vertreter der »Anderen« sahen allerdings bei einem Gespräch des Medienforums »Tourismus Dialog Berlin« logischerweise eher die zu erwartenden Chancen. Martin Biesel (Air Berlin) informierte darüber, dass es ab 2012 dreimal pro Woche eine Direktverbindung nach Los Angeles geben wird. New York werde statt wie bisher viermal wöchentlich dann täglich angeflogen, Krakow statt vier zwölf Mal, Stuttgart statt 41 auf 47 Mal, Stockholm statt 13 dann 18 Mal.

Weiterungen plant auch die Lufthansa, wie diese Woche verkündet: Sie möchte künftig von Berlin aus 38 Ziele ansteuern. Bisher waren es acht, wie Sprecher Wolfgang Weber sagt. Womöglich ab 2013 wird auch die Lufthansa Interkontinentalflüge anbieten. Burkhard Kieker (visitBerlin) verwies auf die »geografische Gunst«, die dem Schönefeld-Airport mehr und mehr zukomme. Etwa durch die Geschehnisse in Europa sei er in eine zentrale Lage geraten, zuletzt auch durch Verzicht auf Kontrollen an den Grenzen nach Polen. Auch dadurch werde Schönefeld zu einem noch stärkeren Magnet für Berlin-Reisen.

BER-Flughafenchef Rainer Schwarz wies darauf hin, dass sich der Airport im Europa-Ranking zwischen Platz 10 und 15 einreihe. »Wir wollen unter die Top 10«, sagte er, und dabei zu einer Drehscheibe werden, also Verkehre innerhalb Europas verknüpfen, von hier aus Langstreckenflüge entwickeln und anbieten. Denn man brauche den Umsteigeverkehr. Das bringe weiteren Zulauf.

Schönefeld werde der modernste Flughafen Europas sein. Bei der Architektur sei versucht worden, so Schwarz, neueste Erkenntnisse einfließen zu lassen. Die Gebäude seien sehr hell und transparent. Man habe sich um extrem kurze Wege bemüht. Vom unterirdischen Flughafen-Bahnhof gelange man faktisch per Aufzug direkt zum Einchecken. Die Verkehrsführung innerhalb des Komplexes ergebe sich fast von selbst, Schilder seien kaum nötig. Die CO2-Emissionen würden mit dem neuen Airport halbiert, allein dadurch, dass drei Standorte zu einem zusammengefasst werden, aber auch, weil modernste Technik benutzt werde.

Fast 50 Prozent der Fluggäste zum BER sollen mit Bus und Bahn anreisen, für die restlichen sind 10 000 Parkplätze gebaut worden, verteilt über vier Parkhäuser sowie etliche Freiflächen. Es gebe ein Parkhaus, da steige man aus dem Auto und sei faktisch gleich in der Eincheck-Halle, so Schwarz. Die Freiflächen sind überwiegend für Urlauber gedacht, die ihre Fahrzeuge für zwei bis drei Wochen dort abstellen. Allesamt, versicherte Schwarz, würden nicht teurer als bisher in Tegel oder Schönefeld.

Kieker ist überzeugt: Dadurch, dass nunmehr auch ICE halten würden, seien die Bahnverbindungen nicht zu toppen. »Das wird das Einzugsgebiet des Flughafens bis Hamburg, Hannover und Westpolen erweitern.«

Derzeit ist der Airport auf 27 Millionen Gäste im Jahr ausgelegt. Für 2013 rechnet man mit 24 Millionen, hieß es. Je nachdem, wie sich die Verkehrsstruktur in den ersten zwei bis drei Jahren herausbilde, könne der Airport über zwei Satelliten rasch erweitert werden. Drei oder vier Pläne lägen bereits in der Schublade - »planfestgestellt« und letztinstanzlich gerichtlich bestätigt, so Schwarz. Letztlich soll der Flughafen bis zu 45 Millionen Passagiere im Jahr bewältigen können.

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