Sammlung in Not

Das Archiv »Verein der Berliner Künstlerinnen« muss umziehen

  • Manuela Lintl
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Verein der Berliner Künstlerinnen 1867 e. V. (VdBK) ist aus der ältesten Institution im deutschsprachigen Raum hervorgegangen, die sich zu einem Zeitpunkt für die Gleichstellung von Künstlerinnen im Kulturbetrieb einsetzte, als Frauen in Preußen weder wählen noch studieren durften. Vor elf Jahren wurde der Verein Archiv des VdBK gegründet, der heute eine weltweit einzigartige, historisch ausgerichtete Material- und Quellensammlung zur Erforschung der Kunst und Kunstgeschichte von Frauen beherbergt und in großem Umfang auch zeitgenössische Positionen weltweit tätiger Künstlerinnen dokumentiert.

Noch teilt sich das Künstlerinnenarchiv mitten im Regierungsviertel ein idyllisch gelegenes, zweistöckiges Gartenhaus im Hinterhof der Dorotheenstraße mit dem Künstlersonderbund und der Schadow-Gesellschaft. Die Wände des zentralen Arbeitsraumes des Archivs sind komplett mit Stehsammelordnern bedeckt, in denen alphabetisch angeordnet Kataloge und Schriften zu den Künstlerinnen gesammelt werden. Hier kann man Bände entdecken, die es nicht einmal in der Kunst- oder Staatsbibliothek gibt. Die Wände eines weiteren Raumes nehmen Künstlerinnen-Dossiers in mehreren hundert Aktenordnern ein, die beispielsweise als Quellen bei der Erstellung von Werkverzeichnissen genutzt werden. Hier sind unter anderem Einladungen, Flyer, Eröffnungsreden, Rezensionen oder tabellarische Biografien aus verschiedenen Lebensphasen aufbewahrt. Auch die Unterlagen zur Vereinsgeschichte nehmen einige Regalmeter ein.

Darüber hinaus verfügt das Künstlerinnenarchiv über eine ständig anwachsende Foto- und Mediathek sowie eine eigene Sammlung von Originalkunstwerken aus Nachlässen, Schenkungen oder Ankäufen des Vereins. Alles das ist dicht gedrängt untergebracht und wird für Forschungszwecke genutzt: »Wir bekommen zahlreiche Anfragen, darunter sind Nutzer von Osaka bis Pennsylvania«, erläutert Matheos Pontikosder, Leiter des Archivs.

Zum Jahresende, spätestens im Frühjahr, müssen die Mieter des Gartenhauses ausziehen, denn das Haus, im Besitz des Bundes, wird saniert. Uta Gräfin von Hardenberg, Vorstand des Vereins Archiv VdBK, wünscht sich auch danach einen zentralen und bezahlbaren Standort, um weiterhin nutzerfreundlich arbeiten zu können. Zudem benötigt das Archiv Räumlichkeiten, die dem steigenden Platzbedarf gerecht werden. Ob das zu ähnlichen Mietbedingungen machbar sein wird wie bisher, ist jedoch fragwürdig.

Finanziell wird der Verein allein durch das ehrenamtliche Engagement der Mitglieder und durch Spenden getragen. »Wir erhalten keinerlei staatliche Fördermittel vom Land Berlin«, berichtet von Hardenberg. Knappe Kassen oder auch mangelnde Einsicht in die Wichtigkeit der Institution mögen hierfür ausschlaggebend sein. »Der Kultursenator weiß vielleicht gar nicht, was für ein kunst- und kulturhistorisches Juwel dieses Archiv darstellt«, fügt die Vorstandsvorsitzende hinzu. Zwischen den Zeilen ist zu lesen, dass es um das Überleben einer nicht nur für Berlin sondern auch weltweit einzigartigen Institution geht.

Durch den Fokus auf professionelle Künstlerinnen ist das Archiv mit dem National Museum of Women in the Arts in Washington vergleichbar. Auch im Berliner Archivbestand nimmt es aufgrund seiner Spezialisierung eine Sonderstellung ein und ergänzt das Landesarchiv, das Archiv bildende Kunst der Akademie der Künste und das Archiv der Universität der Künste. Es ist daher ein unbedingt erhaltenswertes Kleinod.

Archiv Verein der Berliner Künstlerinnen 1867 e. V., Dorotheenstraße 90, 2. Hof, Gartenhaus EG, Mo.-Fr. 10-16 Uhr, Tel. 20 67 18 76, www.archiv-vdbk.de

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