Zu viele S-Bahn-Züge führerlos

Kurzfristig erkrankte Fahrer verursachten weitere Ausfälle

  • Juliane Wienß, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach der schweren Panne vom Donnerstag war die Berliner S-Bahn auch am Wochenende noch weit von Normalität im Fahrplan entfernt. Am Samstag fielen Züge auf fünf Linien aus, am Sonntag waren noch zwei Linien - die Nord-Süd-Bahn S 25 und die S 47 Richtung Südosten - betroffen, wie die S-Bahn informierte. Die S 25 fuhr nur alle 20 Minuten, die S 47 statt zwischen Spindlersfeld und Herrmannstraße nur zwischen Spindlersfeld und Schöneweide. Am Sonnabend waren noch weitere Linien betroffen, die bei der S 45 zwischen Pankow und Schönefeld reichte es sogar nur zum 40 Minuten-Takt. Mehrere Fahrer seien kurzfristig erkrankt, hieß es von der Bahn zur Begründung. Derzeit seien von rund 1000 Fahrern der Berliner S-Bahn 90 krankgemeldet, sagte ein Sprecher.

Der Krankenstand sei bereits vor den Krankmeldungen zum Wochenende hoch gewesen. »Der Personalplan war ohnehin schon so eng gestrickt, dass sich das System nicht mehr halten lässt. Wir haben keine Reserven mehr. Die Schmerzgrenze ist erreicht.« Der Schichtplan sei aber erst mal besetzt, so dass der Verkehr von Montag an wieder normal laufen solle. »Es sei denn, es wird nachts wieder einer krank.«

Spekulationen über einen in den Medien kursierenden möglichen »kalten Streik« der Belegschaft wies der Sprecher zurück. »Dazu gibt es keinen Grund - auch wenn es für alle momentan sehr anstrengend ist - die Mannschaft zieht weiterhin an einem Strang.«

Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), die alle Nahverkehrsmittel außer der S-Bahn betreiben, informierte die Fahrgäste auf digitalen Anzeigetafeln über die Bahn-Ausfälle »wegen kurzfristiger Erkrankung von Triebfahrzeugführern«. BVG-Sprecherin Petra Reetz äußerte Mitgefühl für die Bahn-Kollegen. Auf den Mitarbeitern laste nach zahlreichen Pannen ein enormer Druck. »Ich kann jeden verstehen, der sich krank fühlt und dann nicht die Verantwortung für hunderte Fahrgäste tragen will.«

Für die BVG sind an allen vier Adventswochenenden 60 zusätzliche Mitarbeiter im Dienst, die den Betrieb an Orten mit besonders viel Andrang unterstützen. Gibt es Ausfälle bei der S-Bahn oder der BVG, versucht das andere Unternehmen, dies auszugleichen. Dafür existiert eine Vereinbarung für den Ausgleich der Kosten. Zuletzt fuhr vor allem die BVG ihren Betrieb hoch. »Vor allem nach den beiden letzten Wintern werden wir da noch einmal mit der Bahn in Verhandlungen treten«, kündigte Reetz an.

Am Donnerstag hatte die S-Bahn auch nach eigenen Angaben ihre bisher größte Panne erlebt: Nach einem Stromproblem stand der Verkehr in der gesamten Stadt für mehrere Stunden. Passagiere steckten in den Zügen fest. Ein Sprecher sagte, es wäre ein »schwarzer Tag« gewesen. Am Freitagabend führte erneut ein Stromdefekt dazu, dass ein Zug mehr als eine Stunde zwischen Friedrichshagen und Erkner stand und das Gleis blockierte.

Die S-Bahn hat sich derweil nach Angaben ihres Sprechers bisher nicht dazu entschieden, ihre Kunden für die Ausfälle und Unannehmlichkeiten umfassend zu entschädigen. Als Kulanzlösung dürften sich lediglich Gäste Hoffnungen machen, die notgedrungen auf ein Taxi umgestiegen waren, wurde in Zeitungsberichten der Mutterkonzern Deutsche Bahn zitiert. Der Ruf nach entschädigenden Freifahrten von Verbänden und Politikern ebbt derweil nicht ab. So forderte der Berliner Fahrgastverband Igeb eine Freifahrt für den zweiten Weihnachtstag.

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