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Das »singende Schwert« von Wowereit

Diplomatische Geschenke schmücken Vitrinen des Roten Rathaus

  • Sebastian Kunigkeit, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.

Wer die große grüne Box mit dem goldenen Wappen im Amtszimmer des Regierenden Bürgermeisters öffnet, bekommt was auf die Ohren: Marschmusik schallt dann durch den Raum. »Das hört man durch die geschlossene Tür«, kommentiert eine der Vorzimmer-damen schmunzelnd. In dem prunkvollen Karton liegen eine große Flasche Wodka und vier Gläser - die tönende Mini-Bar ist ein Geschenk aus der Ukraine.

Präsidenten, Bürgermeister und Kronprinzen: Bei Staatsbesuchen hat der Austausch von Präsenten Tradition, auch wenn die Bedeutung des symbolischen Aktes abnimmt. »Das war früher ein wesentlich stärkeres Element«, sagt Wolfgang Schyrocki.

Er trägt feinen Zwirn und Einstecktuch - und ist Geschenk-Experte. Als Leiter des Referats Protokoll der Berliner Senatskanzlei kümmert sich Schyrocki um den Ablauf der offiziellen Visiten in der Hauptstadt. »Das ist eine schöne Sache«, sagt er, »man bekommt immer etwas Landestypisches und kann im Gegenzug etwas geben, das Berlin ausmacht.«

Im Arbeitszimmer von Klaus Wowereit (SPD) findet sich auch noch das goldene Modell einer Burg in Riad, ein Fabergé-Ei aus Moskau - und eine kleine »Royals«-Galerie. Die englische Königin Elizabeth II. steht dort neben ihrer niederländischen Kollegin Beatrix. Die Botschaften der Monarchien verschicken die Bilder nach königlichen Staatsbesuchen - als Erinnerung.

Seit der Antike sind Staatsgeschenke Teil der Diplomatie. »Manchmal überbrücken Geschenke Situationen, wo man sich nicht viel zu sagen hat, manchmal sind sie aber auch ein Ausdruck persönlicher Wertschätzung«, sagt Schyrocki.

Einige ausgewählte Präsente sind in Vitrinen im Roten Rathaus zu sehen. Hinter jedem Exemplar steckt eine Geschichte. Das edle Briefpapier ist ein Geschenk Bill Clintons zum 40-jährigen Jubiläum der Luftbrücke. Die Uhr mit dem golden eingefassten Zifferblatt und der kyrillischen Schrift - ein Mitbringsel Wladimir Putins.

Ein kostbares, mit Edelsteinen besetztes Schreibset, das der König von Saudi-Arabien dem Regierenden Bürgermeister schenkte, liegt sicher im Safe. Der Großteil der Geschenke aber finde sich ordentlich verstaut in drei Räumen in der vierten Etage des Rathauses, erzählt Schyrocki. Tausende Objekte haben sich über die Jahre angesammelt. Sie alle wurden registriert und verstaut.

»Das ist eine Herausforderung, man stößt irgendwann an Platzgrenzen«, sagt der Protokoll-Chef. Gelegentlich wurden deshalb schon Geschenke für einen guten Zweck versteigert. Dabei ist Fingerspitzengefühl gefragt: »Man muss sehr genau darauf achten, dass sie nicht zu aktuell und nicht zu persönlich sind. Sonst fühlt der Gast sich vor den Kopf gestoßen.«

Die Schmuckstücke unter den Geschenken bleiben ohnehin im Besitz des Landes. Schyrockis persönliches Highlight ist ein »singendes Schwert« aus Saudi-Arabien: Eine kunstvoll verzierte Kiste mit einem Schwert, beim Öffnen erklingt arabische Musik. »Das ist für mich der Inbegriff schöner Geschenke aus aller Welt.«

Das Land Berlin setzt bei seinen Geschenken weder auf Alkoholika noch auf Prunk. »Die schönsten Geschenke müssen nicht teuer sein«, sagt Schyrocki. Zum Standard-Repertoire der Protokollabteilung gehört ein Abbild des Brandenburger Tores aus der Königlichen Porzellan-Manufaktur (KPM). Aber: »Wir gehen immer mehr dazu über, nicht mehr Geschenke auf Vorrat zu kaufen.«

Stattdessen versuchen Schyrocki und seine Mitarbeiter, den Geschenken eine persönliche Note zu geben. »Da gibt es viele Möglichkeiten, es darf nur nicht zur Routine werden.«

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