Lücke in der Zeitrechnung

Warum unser Kalender regelmäßig einen Schalttag benötigt

  • Martin Koch
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Jahr 2012 ist ein Schaltjahr und der Monat Februar mithin einen Tag länger als gewöhnlich. Diese zusätzlichen 24 Stunden sind notwendig, da es sich bei unserem Kalender um einen Sonnenkalender handelt. Er richtet sich also nach dem Umlauf der Erde um die Sonne, der 365 Tage, 5 Stunden, 48 Minuten und 45 Sekunden dauert. Das bedeutet: Nach rund vier Jahren besteht zwischen den 365 Tagen des Normalkalenders und dem Sonnenlauf eine Differenz von einem Tag. Deshalb fügt man nach vier Jahren einen zusätzlichen Schalttag ein, auch um zu verhindern, dass sich der kalendarische Beginn der Jahreszeiten immer weiter verschiebt.

Häufig wird die Idee dazu Gaius Julius Cäsar zugeschrieben, der sie aber aller Wahrscheinlichkeit nach der ägyptischen Königin Kleopatra abgelauscht hatte. Denn bereits die alten Ägypter verwendeten einen Sonnenkalender und wussten um die Notwendigkeit des Schaltjahres. 45 v.u.Z. führte Julius Cäsar im Rom per Dekret den sogenannten Julianischen Kalender ein und legte die Jahreslänge auf 365,25 Tage fest. Den notwendigen Schalttag schlug er dem Monat Februar zu, dem letzten Monat des römischen Kalenders. Und zwar so, dass auf den 24. Februar noch einmal ein 24. Februar folgte. Dennoch war, an heutigen astronomischen Kenntnissen gemessen, das Julianische Jahr um elf Minuten und 14 Sekunden zu lang. Um diese Abweichung vom Sonnenjahr zu korrigieren, die im 16. Jahrhundert bereits 10 Tage betrug, führte Papst Gregor XIII. 1582 den Gregorianischen Kalender und damit eine neue Schaltregel ein, die bis heute gilt. Ein Jahr ist danach immer dann ein Schaltjahr, wenn seine Jahreszahl glatt durch vier teilbar ist. Beispiel 2012. Eine Sonderstellung nehmen die vollen Jahrhundertjahre ein, die nur dann Schaltjahre sind, wenn ihre Jahreszahl glatt durch 400 teilbar ist. Deshalb war das Jahr 1900 kein Schaltjahr, das Jahr 2000 aber sehr wohl.

Im Zuge der Gregorianischen Kalenderreform wurde als Schalttag schließlich der 29. Februar gewählt, der in den Nicht-Schaltjahren wieder aus dem Kalender verschwand. Zum Leidwesen vieler Menschen, die wie der italienische Komponist Gioachino Rossini an einem 29. Februar auf die Welt kamen und so regelmäßig um drei Geburtstage »betrogen« wurden. Gegenwärtig haben weltweit rund 4,8 Millionen Menschen am 29. Februar Geburtstag, in Deutschland sind es rund 55 000. Einer von diesen wandte sich im Jahr 2000 an die Vereinten Nationen und forderte die »dauerhafte Einführung des 29. Februars«. Doch sein Bemühen blieb, wie sich leicht denken lässt, ohne Erfolg.

Mit der Gregorianischen Schaltregel ist gewährleistet, dass die Abweichung zwischen Kalender- und Sonnenjahr nur noch 26 Sekunden beträgt. Bis solche Sekundendifferenzen sich zu einem ganzen Tag aufsummiert haben, müssen immerhin 3300 Jahre vergehen. Hinzu kommt, dass infolge der Gezeiten die Erdrotation ständig langsamer wird. Dadurch nimmt die Tageslänge in 100 000 Jahren um 1,6 Sekunden zu, so dass man in rund 3,5 Millionen Jahren den Schalttag aus dem Kalender streichen könnte. Vorausgesetzt, dass auf der Erde dann überhaupt noch Menschen leben.

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