Doppelhelix

Friedrich und George

  • Harald Loch
  • Lesedauer: 2 Min.

Auf diesen vorzüglichen Gedanken konnte nur jemand kommen, der die transatlantische Geschichte nicht erst mit dem Eintritt der USA in der Ersten Weltkrieg im Jahre 1917 beginnen lässt. Der an der Hamburger Universität lehrende Jürgen Overhoff legt die Lebensläufe von Friedrich II. und George Washington nebeneinander. Es entsteht so etwas wie eine Doppelhelix, die die DNA der Geschichte und Philosophie des 18. Jahrhunderts abbildet.

»Zwei Wege der Aufklärung« heißt der Untertitel dieser Doppelstudie. Der eine Weg, der amerikanische des George Washington, führt aus der kolonialen Abhängigkeit von England schon früh in demokratische Strukturen. Der andere, der preußische, entwickelt einen Absolutismus eigener Art mit starkem militärischem Arm. Beide Männer stützen ihre politische Durchsetzungskraft auf ihre charismatische Ausstrahlung und beide stehen für religiöse Toleranz in ihren Ländern, für Gedanken- und Meinungsfreiheit. Beide begründen ihren Ruhm mit militärischen Erfolgen und beide haben mehr miteinander zu tun, als eine auf die letzten hundert Jahre fixierte Geschichtsbetrachtung vermuten lässt.

Washington hat sich rührend um seine zwei Stiefkinder gekümmert, eine üppige Spielzeugsammlung angeschafft, zu der ein »Dragoner« aus dem Regiment Ansbach-Bayreuth, Friedrichs Eliteeinheit, gehörte. In der Nähe von Philadelphia heißt seit 250 Jahren ein Ort »King of Prussia« und die damalige Taufe einer Gemeinde in Brandenburg auf den Namen »Philadelphia« verweist auf eine besondere Beziehung.

Overhoff betont, dass es sich beim Siebenjährigen Krieg um den ersten handelte, der beiderseits des Atlantiks ausgefochten wurden: Die beiden Hauptkontrahenten waren England und Frankreich, die sich gegenseitig Nordamerika streitig machten. In Europa verbündete sich England mit Preußen, das gegen Frankreich, Österreich und Russland kämpfte. Preußen konnte seine Position in Schlesien und Mitteleuropa behalten, England die nordamerikanische Kolonie ausbauen, bis sich die Amerikaner unter Washington wenig später von England lossagten.

Overhoff lässt das erzählende Pendel zwischen Amerika und Preußen hin- und herschwingen. Ein wahrlich »aufklärendes« Buch.

Jürgen Overhoff: Friedrich der Große und George Washington. Zwei Wege der Aufklärung. Verlag Klett-Cotta. 365 S., geb., 22,95 €.

Fotos: Archiv

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