Zahlreiche Wahlplakate falsch aufgehängt

Reinickendorfer Kandidat kämpft gegen Rechtsbruch / Behörde oft kulant

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.
Augen auf im Straßenverkehr! Vorsicht ist derzeit besonders geboten, weil Wahlplakate eine Gefahr für Leib und Leben des Bürgers darstellen. Das jedenfalls meint Frank Ditsche. Dem Moderator beim Offenen Kanal sind besonders Plakate von SPD und CDU Reinickendorf ein Dorn im Auge. Sie verstoßen seiner Ansicht nach gegen gesetzliche Bestimmungen: mal sind sie Ditsche zu groß, mal auf Augenhöhe von Kindern aufgehängt. Die Kleinen könnten sich gefährlich verletzten. Ditsches Engagement ist kein Zufall. Er selbst kandidiert als Einzelbewerber im Bundestagswahlkreis Reinickendorf. Die Konkurrenz reagiert verständnislos. »Das kann nicht der Mittelpunkt der Auseinandersetzung im Wahlkampf sein«, meint SPD-Kandidat Detlef Dzembritzki. CDU-Kandidat Roland Gewalt sagt: »Grundsätzlich zu behaupten, alle Wahlplakate seien falsch aufgehängt- das geht an der Wirklichkeit vorbei.« Das Anbringen von Wahlwerbung ist gesetzlich geregelt- und zwar in einer Ausführungsvorschrift zum Berliner Straßengesetz. Plakatieren dürfen die Parteien ab sieben Wochen vor dem Urnengang. Für das Abhängen hinterher bleibt eine Woche Zeit. Wahlplakate gelten als Sondernutzung des Straßenlandes und müssen deshalb von den Tiefbauämtern genehmigt werden. Die Behörde besitzt aber keinen Ermessensspielraum. »Eine Genehmigung bekommen alle, die in den Listen des Landeswahlleiters stehen«, erläutert Pankows Tiefbauamtsleiter Klaus Bohlmann. Erlaubt sind zwei Plakatgrößen: DIN-A0 für kleine Pappaufhänger und das Großplakat (etwa drei mal anderthalb Meter). »Wenn die Plakate kleiner sind, stört uns das nicht«, sagt Bohlmann. »Nur größer dürfen sie nicht sein.« Denn das behindert womöglich die Sicht aufs Verkehrsgeschehen. Für Großplakate erstellten Umweltamt und Tiefbauamt Pankow eine Liste mit mehreren Hundert geeigneten Stellplätzen im Bezirk. Diese Liste erhielten die Bewerber. Es gilt: Wer zuerst kommt, malt zuerst. Für kleine Plakate sind keine Flächen vorgeschrieben. Trotzdem sind einige Regeln zu beachten. So dürfen die Plakate nicht so hängen, dass Autos, Radler oder Fußgänger mit ihnen kollidieren können. Auch freie Sicht muss sein. Nicht erlaubt ist es deshalb, Plakate an Ampelmasten oder Verkehrsschildern anzubringen. Bei Zuwiderhandlung drohen Ordnungsstrafen. Das Straßengesetz sieht generell Bußgelder bis zu 10000 Euro vor. Im Falle der Wahlplakate muss man laut Bohlmann mit mehreren hundert Euro rechnen. Eine derartige Strafe sei in Pankow aber noch nie verhängt worden. Im Notfall rufe man bei den Parteien an und bitte um Abänderung. Dort zeigte man sich bisher immer einsichtig, versichert Bohlmann. Wenn die politische Konkurrenz schneller war, darf offiziell kein zweites Plakat am gleichen Ort (z.B. Lichtmast) angebracht werden. Überall in Berlin sieht man es anders. »Solange die Verkehrssicherheit nicht leidet, tolerieren wir das«, bekennt Bohlmann. Einen Kontrolldienst des Tiefbauamtes gibt es nicht. Dafür fehlt das Personal. So handelt die Behörde erst, wenn Bürger oder die Polizei Verstöße melden. Für Frank Ditsche ist das nicht akzeptabel. Er monierte die Anbringung zahlreicher Plakate beim Bezirksamt Reinickendorf. Die Beschwerde sei an die Parteien weitergeleitet worden, erklärt der zuständige Baustadtrat Michael Wegner (CDU). Man habe dazu aufgefordert, »Ordnung herzustellen«. Eine Partei- die Wegner nicht benennen will- habe das nicht akzeptiert und einen Rechtsanwalt eingeschaltet. Das Verfahren schwebe.

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