Polnisch sprechende Staatsanwälte gesucht

Korruptionsvorwürfe gegen Teltow-Flämings SPD-Landrat Giesecke haben sich erhärtet

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Eingangszahlen sind bei den brandenburgischen Staatsanwaltschaften deutlich gesunken. Waren 2004 noch rund 202 000 Fälle aufgenommen worden, so bewegte sich die Zahl im Vorjahr bei rund 145 000. Das teilte gestern Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg am Rande der Rechtsausschusssitzung des Landtags mit.

Rautenberg betonte, vor allem ein Rückgang der leichteren Fälle sei zu beobachten. Bei den arbeitsintensiven schweren Fällen sowie auch bei den Eigentumsdelikten nahe der polnischen Grenze sei das nicht festzustellen.

Damit, dass Bürger etwa weniger Delikte anzeigen, hänge das Absinken der Zahlen seines Erachtens aber nicht zusammen, sagte der Generalstaatsanwalt. Neben der demografischen Entwicklung nannte Rautenberg die Polizeistrukturreform als Grund. Dadurch sei die Polizei in stärkerem Maße mit sich selbst befasst. Bei Stabilisierung der Polizeistruktur sei wieder mit Zunahme der Eingangszahlen zu rechnen. Eine solche Wellenbewegung habe auch frühere Polizeistrukturreformen begleitet. Er hoffe diesbezüglich auf einen »Schlusspunkt«, da derartige Verschiebungen die polizeiliche Ermittlungstätigkeit temporär beeinträchtigen.

Ausdrücklich begrüßte Rautenberg, dass die Struktur der Staatsanwaltschaften und die der Polizei nunmehr deckungsgleich seien. Das verbessere die Zusammenarbeit wesentlich. Ob das aber ausreiche, um den Personalrückgang bei der Polizei zu kompensieren, »kann ich nicht sagen«.

Eine effektive Verfolgung von Eigentumskriminalität in Grenznähe und die Vertiefung der Zusammenarbeit mit den Behörden des Nachbarlandes setzt laut Rautenberg Staatsanwälte mit guten Polnischkenntnissen voraus. Vereinzelt gebe es sie, setzte er hinzu. Doch müssten es mehr sein. Leider sei der Kreis der Bewerber mit diesen Voraussetzungen nicht sehr groß. Auf die Kooperation günstig wirke sich aus, dass die polnische Strafprozessordnung im Zuge des europäischen Angleichs nun der deutschen sehr ähnlich sei. »Das war nicht immer so.« Der Datenaustausch funktioniere inzwischen immer besser.

Bezogen auf das Ermittlungsverfahren wegen mutmaßlicher Korruption gegen den langjährigen Landrat von Teltow-Fläming, Peer Giesecke (SPD), hätten sich die Vorwürfe erhärtet, sagte der Generalstaatsanwalt noch. Er rechne damit, dass die Justiz im Juni bekanntgibt, wie sie vorgehen wird.

Über die Aussichten des Gefängnisses in Frankfurt (Oder) sagte Justizminister Volkmar Schöneburg (LINKE) vor dem Rechtsausschuss, es werde weiter mit Berlin verhandelt. Er könne sich vorstellen, dass die Haftanstalt in Frankfurt (Oder) mit Berliner Strafgefangenen ausgelastet werden könnte. »Das wäre eine Option«, sagte er auf die Frage, ob er wirklich die Schließung plane.

Die Abgeordnete Sabine Niels (Grüne) erkundigte sich, warum der Täter-Opfer-Ausgleich landesweit seltener werde. Schöneburg erklärte, das korrespondiere mit dem Rückgang der Eingangszahlen bei den Staatsanwaltschaften. Es betreffe die Diakonie aber auch andere, die eine Moderation zwischen Tätern und Opfern anbieten. Während es 2002 noch zirka 3000 Fälle im Bundesland gegeben habe, seien es im Vorjahr nur noch etwa 1900 gewesen.

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