Erst angelockt, dann ausgebeutet
Der DGB gründete 2009 zusammen mit der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen, der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) das Berliner Bündnis gegen Menschenhandel zum Zweck der Arbeitsausbeutung (BBGM). Nach drei Jahren Bündnisarbeit stellte Zinke im Beisein von Senatorin Dilek Kolat (SPD) Politikempfehlungen vor.
Die zentrale Aussage: Der Paragraf 233 des Strafgesetzbuches wird dem Problem Menschenhandel nicht gerecht. Denn Ausbeutung durch Arbeit geht normalerweise keine Verschleppung oder sonstige Gewalteinwirkung voraus. »De facto funktioniert es so, dass die Leute freiwillig gehen«, betonte Zinke. Menschenhandel ist es demnach auch, wenn Menschen mit falschen Versprechungen oder unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in ein anderes Land gelockt werden, wo sie um ihren Arbeitslohn betrogen werden. Die Schleuser können an diesen Arbeitskräften viel Geld verdienen. Von Beratungsstellen wie der des DGB, wo laut Zinke monatlich Dutzende Menschen vorstellig werden, ist bekannt, dass vor allem die Bau- und die Gebäudereinigungsbranche von dieser Praxis betroffen sind - aber auch Privathaushalte. Wer etwa im Internet nach einer polnischen Pflegekraft suche, stoße sofort auf private Agenturen. »Da gibt es einen riesigen grauen Markt«, sagt die DGB-Bezirksvorsitzende.
Zur Verfolgung der Profiteure komme es jedoch selten, denn die um den Lohn Geprellten seien oft von der Ausweisung bedroht, sobald sie bei Behörden aktenkundig werden. Zinke fordert deshalb nicht nur einen gesetzlichen Mindestlohn, sondern auch »so etwas wie ein Zeugenschutzprogramm«. Vor einer Abschiebung müsste dann eine Zeugenaussage vor Gericht abgewartet werden.
Das BBGM wird auch in Zukunft Informationsmaterial über Arbeitsrechte bereitstellen. »Der Informationsfluss soll auch in informellen Netzwerken zirkulieren«, wünscht sich Senatorin Kolat. In anderen Bundesländern soll es bereits Interesse an der Arbeit des BBGM geben.
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