Die Würde des Einzelnen und die Würde des Gemeinwesens

Oskar Negt hat einen Gesellschaftsentwurf für Europa verfasst – Statt fiskalischer Rettungspakete brauchen wir einen Rettungsschirm für Kultur

  • Karlen Vesper
  • Lesedauer: ca. 15.0 Min.

Zukünftig werden im Wochen nd in loser Folge große Denker und Philosophen zu ihren Ideen und Perspektiven für eine bessere Welt befragt. Das »neue deutschland« knüpft damit an seiner Interview-Serie »Was kommt von links?« aus den 1990er Jahren an. Den Auftakt macht Oskar Negt, der dieser Tage mit seinem »Gesellschaftsentwurf Europa« im Steidl-Verlag ein Plädoyer für ein gerechtes Gemeinwesen vorlegte. Der Sozialphilosoph fordert eine Abkehr von der Währungsideologie, eine solidarische Ökonomie und ein kulturvolles Miteinander mündiger Bürger. Mit Professor Negt sprach Karlen Vesper.

nd: Herr Negt, bevor wir über Ihren Gesellschaftsentwurf für Europa sprechen, möchte ich Sie fragen: Was bedeutet für Sie Europa?
Negt: Mein Europa-Bild hat seinen Ausgang in Kindheitserinnerungen, Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg und die Flucht aus Königsberg sowie zweieinhalb Jahre Aufenthalt in einem Flüchtlingslager in Dänemark. Wir können heute stolz sein: Zum ersten Mal in seiner Geschichte kam Europa über 50 Jahre ohne Krieg aus ...

Was ist mit Jugoslawien?
Der Nato-Krieg gegen Jugoslawien hat den Kontinent nicht in ein Schlachtfeld verwandelt wie der Erste und der Zweite Weltkrieg oder der Dreißigjährige Krieg im 17. Jahrhundert. Zwischenstaatliche Kriege hat es in Europa nunmehr seit über einem halben Jahrhundert nicht gegeben. Das ist ein bewahrenswertes Gut. Deshalb bin ich jetzt sehr beunruhigt. Es droht aktuell zwar kein heißer Krieg in Europa, aber auf vielen Ebenen werden Menschen ausgegliedert. Und das bedrückt mich.

E...





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