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Hass auf Touristen
Martin Kröger zum Boom bei den Übernachtungen
Manche Parolen zeugen von einer gehörigen Portion Hass. »Zerschlagt den Tourismus« sowie »Berlin hasst Dich« oder noch wesentlich Schlimmeres kann man in Kreuzberg allerorten an Hauswänden lesen - auf Englisch: Natürlich ist das nur die Meinung einer Minderheit, die fleißig ihre Ressentiments hegt. Aber vom Wort zur Tat ist es häufig nicht allzu weit. Und wer wie die Tourismusgesellschaft VisitBerlin lediglich die bloßen Zahlen des Tourismus-Booms abfeiert, ohne die Konsequenzen auf dem Schirm zu haben, wird die Verbitterung vor Ort weiter verschärfen.
Denn der Tourismus-Boom, der Berlin zweifelsohne viel Gutes bringt, hat auch seine Schattenseiten: Wohnungen werden als Ferienwohnungen zweckentfremdet, in besonders beliebten Gegenden werden Parks im wahrsten Sinne des Wortes verwüstet - von Dauerlärm des Nachts ganz zu schweigen. Und wer geht schon gern durch einen vollgekotzten Hauseingang? Gerne wird auch vergessen zu erwähnen, warum in Berlin zu übernachten vergleichsweise günstig ist: Schließlich schuften Hostel- und Hotelmitarbeiter zu unsäglichen Arbeitsbedingungen und niedrigen Löhnen.
Der Boom hat also seinen Preis: sowohl lokal als auch sozial. Man kann dies wie die Tourismusverbände einfach ignorieren oder als borniert abtun. Besser wäre es jedoch, sich auch der anderen Seite der Medaille anzunehmen und endlich ein nachhaltiges Konzept für den Tourismus zu entwickeln, das auch die betroffenen Berliner mit einbezieht. Damit der Touristen-Hass nicht weiter grassiert.
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