Republik der Lobbyisten

Kommentar von Ines Wallrodt

  • Lesedauer: 2 Min.

Das neue Meldegesetz hat auch etwas Gutes: Die Aufregung darum hat ans Licht gebracht, was längst gängige schlechte Praxis ist. Auch heute schon können Unternehmen und Adresshändler die Anschriften beim Meldeamt besorgen, solange der Betroffene dem nicht widersprochen hat. So ermitteln viele Adresshändler für Gläubiger Meldeauskünfte und nutzen diese danach für eigene Zwecke. Die Regierung weiß ganz genau, dass die bisherige Regelung nicht verbraucherfreundlich war. Ursprünglich wollte sie deshalb auch etwas für den Datenschutz der Bürger tun: Ohne Einwilligung des Betroffenen sollte niemand Zugriff auf die Daten bekommen, so stand es noch im November im Gesetzentwurf. Beschlossen wurde nun das Gegenteil: Das neue Meldegesetz schützt Werbewirtschaft und Inkassounternehmen auf Kosten der Bürger. Nicht nur bleibt es beim alten Grundsatz, dass jeder der Weitergabe aktiv widersprechen muss. Selbst dieses minimale Schutzrecht wird noch aufgeweicht. Statt dem datenschutzfeindlichen Ist-Zustand einen Riegel vorzuschieben, legalisiert die Koalition das kriminelle Tun. Die Wirtschaft hat erfolgreich eine sinnvolle Reform verhindert. Der Fall führt vor Augen, wie stark Lobbyisten die Politik der schwarz-gelben Koalition bestimmen. Der Staat mit seinem Adressmonopol mischt auch noch kräftig mit und betätigt sich selbst als größter aller Adresshändler. Das Lamentieren über Datenkraken aus Übersee wie Facebook und Google kann sich die Koalition gerne sparen. Es ist nur noch lächerlich.

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal