Der Kopf Yoricks

Namenlose Bestattungen, Kulturwandel und Kälte

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.

Hamlet steht vorm Totengräber, den Schädelknochen des guten, alten Narren Yorick in den Händen: »Haben diese Knochen nicht mehr zu unterhalten gekostet, als dass man nun Kegel mit ihnen spielt? Meine tun mir weh, wenn ich daran denke.«

Der Tod vernichtet jedes Ich. Jede Beerdigung ist (auch) ein Akt des Protestes, gegen die Tilgungsmotorik, mit der die Natur Platz schafft. Dem Gestorbenen sei Ehre, singt der Totengräber bei Shakespeare: »Ein Grabscheit und ein Spaten wohl,/Samt einem Kittel aus Lein,/Und oh, eine Grube, gar tief und hohl,/ Für solchen Gast muss sein.«

Muss sein! Der Evangelische Pressedienst meldet soeben: »Die Zahl der namenlosen Bestattungen nimmt zu.« Die Polizei erhält aus Pflegeheimen und Krankenhäusern mehr und mehr Leichen überstellt, es beginnt dann die Suche nach Angehörigen. Ist sie erfolglos, wird auf Staatskosten verbrannt. Kein Wort der Trauer, kein letzter Gruß, die Bürokratie hat kein Gefühl, sie ...


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