Neuer Verhaltenskodex für Fußballfans

Vereine, Verbände und Politik tagten beim Sicherheitsgipfel in Berlin

  • Dominik Kortus und Jörg Soldwisch, SID
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein neuer Verhaltenskodex, aber nur wenige konkrete Beschlüsse: Im Kampf gegen die zunehmende Gewalt im Fußball haben die Vereine, Verbände und Politik beim mit Spannung erwarteten Sicherheitsgipfel in Berlin den Fans eine letzte Chance gegeben, ihren Null-Toleranz-Kurs gegen Krawallmacher aber deutlich zum Ausdruck gebracht. Auch die Drohkulisse durch die Spitzenpolitiker steht: Sollte es in der kommenden Saison nicht eine deutliche Beruhigung geben, drohen den Fußballfans harte Einschnitte bis hin zum Verlust der Stehplätze.

»Wir haben deutlich gemacht, dass wir erwarten, dass das, was beschlossen ist, auch ernsthaft umgesetzt wird«, sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich: »Ich habe aber auch deutlich gemacht, dass wir uns weitere Maßnahmen vorstellen können, wenn es nicht ruhig wird.«

In dem Verhaltenskodex verurteilten die Vertreter der 53 Profivereine den Einsatz von Pyrotechnik sowie jede Form von Gewalt und erklärten ihren Willen, Verstöße gegen geltendes Recht hart zu sanktionieren. Nur Zweitligist Union Berlin hatte am Montagabend die Teilnahme abgesagt, da der Verhaltenskodex den Vereinen erst am Montag zugesandt worden sei. »Bevor solch ein Kodex verabschiedet werden kann, sollten sich die Vereine zunächst auf einen Konsens einigen können«, sagte Vereinssprecher Christian Arbeit. »Innerhalb eines Tages ist dies nicht zu machen. Es scheint auch so, als sollte dies bei dieser Akklamationsveranstaltung gar nicht gewollt gewesen zu sein.«.

Darüber hinaus beschlossen die Vereinsvertreter, ihren Beitrag an der Finanzierung der Fanprojekte auf 50 Prozent zu erhöhen. Da jedoch der Anteil von Kommunen und Ländern gleichzeitig sinkt, bleibt es vorerst bei der Gesamtsumme von etwa 25 Millionen Euro, die der Präventionsarbeit zugute kommen. Zudem soll die Maximaldauer von Stadionverboten von bisher drei auf maximal zehn Jahre erhöht werden.

»Wir haben ein gemeinsames Signal gesetzt. Das ist ein Stoppzeichen gegen Gewalt und jede Form von Pyrotechnik«, sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach. Zeigen die Maßnahmen mittelfristig keine Wirkung, droht die Politik neben der Abschaffung von Stehplätzen möglicherweise auch mit personalisierten Tickets und verstärkter Videoüberwachung in den Stadien.

»Die Botschaft an viele friedliche Fans heißt: Wir wollen ihnen ihren Spaß und Leidenschaft nicht nehmen. Aber Fankultur und Gewalt schließen sich aus«, sagte Friedrich.

Die Fanvertreter, die bei der Konferenz nicht mit am Tisch saßen, begrüßten die Neuverteilung der Mittel für die Fanprojekte, sahen die Drohkulisse jedoch äußerst kritisch. »Es ist nicht sinnvoll, den Fans die Pistole auf die Brust zu setzen und sie zu erpressen«, sagte Robert Pohl von der IG Unsere Kurve.

Die Fanvertreter der Bundesligaklubs fühlen sich von Verbänden und Politik übergangen. »Wir sind sehr enttäuscht darüber, dass wir zu dem sogenannten Gewaltgipfel nicht eingeladen worden sind. Im Grunde ist es ohne Fanvertreter zwecklos, über Maßnahmen gegen Gewalt im Fußball zu diskutieren«, sagte Jakob Falk von der Fanvertretung »Pro Fans«.

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