Spiel ohne Abstand

Zum Tode von Susanne Lothar

  • Hans-Dieter Schütt
  • Lesedauer: ca. 5.0 Min.

Der Körper ist immer nackt. Immer im Spießfeld der Blicke. Kundige Blicke, unkundige, gierige, müde, erwartungsvolle, bewundernde, blöde Blicke. Dauernde Blicke. Sie kratzen, stechen, ja, sie streicheln auch, aber vor allem reißen sie die Haut des Schauspielers, sie sind wie Peitschen, unter deren Hieb der Komödiant noch höher springen, noch lustiger sein, noch unbändiger tanzen soll. Der ewige Scheinwerfer tötet den Menschen ab, seine Scham, seine Scheu, aber der Spieler braucht diesen Tod mitten im Leben, um in der Welt des Scheins wahrhaftig sein zu können. Das ist Berufung, sagt man, das klingt beruhigend, es ist eine Lüge. Berufung quält und hat ihren Preis.

Susanne Lothar war eine Schauspielerin, der man die zwei Kämpfe stets ansah: den Kampf für das eigene Ich bei gleichzeitigem Kampf, bestmöglich in Rollen, in Kunstgestalten aufzugehen. Kunstgestalten, denen das Leben ertappt zusah: So verloren bin ich, so verwundet, so sto...


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