Alte sollen arbeiten

Nur jeder Dritte scheidet derzeit nicht vorzeitig aus dem Berufsleben

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Dass gerade in kleineren Betrieben allmählich die Fachleute knapp werden, ist keine Neuigkeit. Das Arbeitsministerium widmet sich vor diesem Hintergrund der Frage, wie ältere Beschäftigte länger in die Hände spucken können. Im Brandenburg ist jeder dritte Beschäftigte inzwischen älter als 50 Jahre, in Westdeutschland ist es lediglich jeder vierte, geht aus dem neusten Betriebspanel hervor, das Arbeitsminister Günter Baaske (SPD) gestern präsentierte. Dagegen seien nur 17 Prozent der Beschäftigten in der Mark jünger als 30 Jahre. »Die Herausforderung durch die Alterung der Belegschaften ist von vielen Personalverantwortlichen noch nicht erkannt«, mahnte Baaske. Die altersgerechte Ausgestaltung von Arbeitsplätzen müsse »noch ernster angepackt« werden.

Laut Vera Dahms vom Institut für sozialökonomische Strukturanalysen, das die Übersicht erarbeitete, hat nur jeder sechste Betrieb in Brandenburg, der Ältere beschäftigt, Maßnahmen ergriffen, damit die Beschäftigten gesund bleiben und länger arbeiten können. In Westdeutschland habe wenigstens jeder fünfte Betrieb etwas getan.

Zu den Maßnahmen zählte Dahms Weiterbildung und Gesundheitsförderung. Über geringere Leistungsanforderungen müsse man reden. Es komme nicht darauf an, dass Ältere über das 67. Lebensjahr hinaus arbeiten, sondern dass sie dieses Alter gesund und leistungsfähig erreichen, sagte Dahms. Derzeit scheiden lediglich 14 Prozent der Beschäftigten tatsächlich erst mit dem regulären Rentenalter aus.

Wegen des absehbaren Fachkräftemangels seien die bis in die jüngste Zeit gewährten Zuschüsse für Altersteilzeit ein Fehler gewesen, räumte Baaske ein. Größere Firmen nutzen die Altersteilzeit häufig, um Mitarbeiter früher verabschieden zu können. 36 000 Fachkräfte seien im vergangenen Jahr eingestellt worden, erläuterte Baaske. Inzwischen gebe es rund 904 000 versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse in Brandenburg, das seien acht Prozent mehr als 2010. Das Durchschnittseinkommen in der gewerblichen Wirtschaft sei von 1880 auf 1960 Euro gestiegen. Berücksichtige man das Verhältnis von Lohn und Arbeitszeit so verdienen brandenburgische Arbeitnehmer jedoch nur 77 Prozent dessen, was sie in den alten Bundesländern bekommen würden. Baaske weiß: »Das ist im Wettbewerb um Fachkräfte zu wenig. Der Lohnangleich muss endlich vorankommen.« Nur 25 Prozent der hiesigen Firmen zahlen Tarif, den 53 Prozent aller Beschäftigten erhalten. Im Westen seien es 34 Prozent der Unternehmen, die Tarif zahlen. Dort profitieren davon 61 Prozent aller Beschäftigten.

Baaske bestätigte, dass die Lebensarbeitszeit für brandenburgische Beamte nun auf 67 Jahre angehoben werden soll. Er vermag keinen Grund zu erkennen, warum Beamte weniger lange arbeiten sollen als sonstige Beschäftigte. Die rot-rote Koalition hatte die Angleichung beim Rentenalter 2009 in ihren Koalitionsvertrag geschrieben.

Ganz prinzipiell ist die LINKE gegen die Rente erst mit 67 Jahren, die derzeit in Deutschland stufenweise eingeführt wird. Die Sozialisten möchten das frühere Rentenalter 65.

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