Geld bald alle, aber keine Pleite

CDU-Politiker sieht Flughafengesellschaft in Gefahr / Finanzminister dementiert

Die Mehrkosten lassen sich noch nicht exakt beziffern. Es steht aber fest, dass der Bau des Großflughafens »Willy Brandt« in Schönefeld teurer wird - weil sich der Eröffnungstermin um mindestens neun Monate verschiebt und mehr Geld für den Schallschutz der Anwohner gebraucht wird. Nach bisherigem Stand sind die Kosten mittlerweile auf 4,5 Milliarden Euro gestiegen. Ursprünglich waren 1,2 Milliarden Euro weniger veranschlagt. Die Terminverschiebung könnte 586 Millionen Euro kosten, der Schallschutz bis zu 591 Millionen mehr.

Nach Erkenntnissen des Landtagsabgeordneten Ludwig Burkardt (CDU) ist die Flughafengesellschaft von der Pleite bedroht. Denn seine Anfrage bei Finanzminister Helmuth Markov (LINKE) ergab, dass die Flughafengesellschaft »nicht in der Lage« sei, »zusätzliche Kredite aufzunehmen und zu bedienen«. Die vorhandenen Mittel sollen aber nur noch bis Jahresende reichen. Bis dahin sei das Unternehmen flüssig, hatte Flughafenchef Rainer Schwarz gesagt. Nach Informationen von Burkardt wäre das Geld allerdings bereits im November alle.

Die Gesellschafter - der Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg - können nach Darstellung des CDU-Abgeordneten nicht so leicht aushelfen, weil weitere Finanzspritzen von der EU genehmigt werden müssten. »Sie rückt der Insolvenz immer näher«, sagte Burkardt über die Flughafengesellschaft. »Die Entscheidungen in Brüssel brauchen ihre Zeit.« Außerdem hätte das Land Brandenburg nicht so schnell Mittel zur Verfügung. Da müsste erst ein Nachtragshaushalt beschlossen werden.

Für Burkardt würde es der wirtschaftlichen Vernunft entsprechen, die Flughafengesellschaft nicht untergehen zu lassen. Der Airport müsse fertiggestellt werden und anschließend wären Konsequenzen zu ziehen. Eine Konsequenz wäre möglicherweise ein Eigentümerwechsel. Der CDU-Politiker vermutet, dass die Europäische Union zusätzlichen staatlichen Zuschüssen durchaus zustimmt, aber dabei die Auflage erteilt, die Flughafengesellschaft zu privatisieren.

»Nun ist es offiziell. Die Flughafengesellschaft ist nicht mehr kreditwürdig«, erklärte gestern Grünen-Fraktionschef Axel Vogel. »Sobald die Liquiditätsreserven aufgebraucht sind«, werde es erforderlich, Mehrausgaben mit Zuschüssen der öffentlichen Hand zu decken oder weitere Bürgschaften zu leisten, »um eine Insolvenz abzuwenden«. Den Haushalten des Bundes sowie der Länder Berlin und Brandenburg drohe damit, »in Geiselhaft für das Versagen der privatwirtschaftlich organisierten Flughafengesellschaft genommen zu werden, ohne dass den Abgeordneten adäquate Kontrollmöglichkeiten über die Mittelverwendung zur Verfügung stehen«. Angesichts der hohen Staatsverschuldung und der Haushaltsdefizite sei dies eine völlig inakzeptable Situation.

Finanzminister Markov beteuerte, die Lage sei überhaupt nicht bedrohlich. »Aktuell gibt es keinen Liquiditätsengpass«, versicherte er. Außerdem würden der Bund und die Länder Berlin und Brandenburg den Flughafen niemals in die Insolvenz führen. »Die Zahlungsfähigkeit der Flughafengesellschaft ist und bleibt sichergestellt.« Sie verfüge über ausreichend Mittel, um ihre Verpflichtungen zu erfüllen. »Meldungen über eine bevorstehende Insolvenz sind abwegig«, betonte Markov.

Die Flughafengesellschaft werde dem Aufsichtsrat bei der nächsten Sitzung am 16. August ein schlüssiges Finanzierungskonzept vorlegen, kündigte der Minister an. Das Konzept werde eine Überbrückung für die Zeit beinhalten, in der noch keine Genehmigung der EU vorliegt.

Es stimme auch nicht, dass die Flughafengesellschaft keine Kredite mehr bekommen würde, erklärte Markov. Diese Darstellung sei »unzutreffend«. Die Flughafengesellschaft habe im Jahr 2009 eine langfristige Finanzierung für das Bauvorhaben arrangiert, die von der Europäischen Investitionsbank und einem Konsortium öffentlicher und privater Banken getragen werde. »Im Rahmen dieser Langfristfinanzierung steht der Flughafengesellschaft weiterhin eine Kreditlinie zur Verfügung.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal