Personalabbau anders gerechnet

Statt 10 000 müssen nur noch 5000 Stellen im öffentlichen Dienst wegfallen

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Landesregierung hat jetzt vorgerechnet, wie im Detail die Stellenzahl im Landesdienst verringert werden soll. Angesichts der Erfahrungen mit derartigen Vorhaben ist eine sachliche Distanz zu einer solchen Verkündigung angemessen.

Von derzeit rund 50 000 Stellen im Landesdienst sollen nach dem Willen der rot-roten Regierung bis 2018 nur noch 42 000 Stellen übrig sein, wurde kürzlich von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und Finanzminister Helmuth Markov (LINKE) verkündet. Allerdings sind 2014 wieder Landtagswahlen. Die nächste Regierung muss sich an die Planungen nicht gebunden fühlen. Davon abgesehen klingt das Einsparziel beeindruckend.

Laut Personalbedarfsplanung 2018 haben im vergangenen Jahr noch 48 271 Menschen eine Stelle im Landesdienst besetzt. Das sind schon einmal weniger als die 50 000, die in den vergangenen Monaten immer wieder genannt worden sind. Ziel ist es jedenfalls, in fünf Jahren bei 42 970 Stellen angekommen zu sein. Das wären also fast 43 000 und nicht 42 000. Aber die Zahl 42 000 ist in den vergangenen Wochen den Medien immer wieder vorgesetzt worden.

Während sich SPD und LINKE im Koalitionsvertrag noch eine Reduzierung um rund 10 000 Stellen vorgenommen haben, bleiben als nunmehriges Einsparziel etwas über 5000 Stellen.

Während in der Vergangenheit beim allgemeinen Stellenabbau die Ministerien selbst immer noch zugelegt hatten und nur anderswo eingespart wurde, soll das nun anders sein. Die Staatskanzlei reduziert demnach ihre Stellenzahl zwischen 2012 und 2018 von 167 auf 152. Das Innenministerium (ohne Polizei) von 508 auf 368. Bei der Polizei sinkt die Zahl der Stellen von 8589 auf 7385. Beim Justizministerium geht es runter von 5217 auf 4525 Stellen, was auch eine Reaktion auf die stetig sinkenden Zahl der Gefangenen in Brandenburg ist.

Das Bildungsministerium soll von 176 auf 144 Stellen runter. Der eigentliche Batzen im Bildungswesen sind aber selbstverständlich nicht die Beschäftigten des Ministeriums, sondern die Lehrer. Die Zahl der Pädagogen soll sich von 16 429 auf 16 379 verringern, mithin annähernd gleich bleiben. Die Zahl Schüler pro Pädagoge soll dabei nicht steigen. Das Kulturministerium mit seinen heute 142 Beschäftigten soll 2018 mit 126 auskommen. Bei den Universitäten und Hochschulen soll die Stellenzahl von 3424 auf 3229, also moderat sinken. Das Landeshauptarchiv sieht einer Verringerung von 74 auf 56 Stellen entgegen, beim Landesamt für Denkmalpflege geht es von 84 runter auf 75. Im Arbeits- und Sozialministerium ist ein Stellenabbau von 174 auf 144 Stellen vorgesehen, im Landesamt für Arbeitsschutz von 172 auf 130. Das Landesamt für Versorgung soll die Arbeit in fünf Jahren statt mit 453, dann mit 378 Beschäftigten schaffen. Im Wirtschaftsministerium steht der Abbau von 197 auf 180 auf dem Programm, im Umweltministerium von 256 auf 193, was den prozentual stärksten Abbau unter den Ministerien bedeuten würde. Das Landesumweltamt muss von 914 auf 719 Stellen herunter.

Das Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft von 411 auf 339. Der Landesforstbetrieb soll sich im genannten Zeitraum personell halbieren, statt 2030 nur noch 1050 Beschäftigte zählen. Auch der Landesbetrieb für Straßenwesen muss Federn lassen: Hier geht es laut Planung abwärts von 2198 auf 1742 Stellen. Im Bereich des Finanzministeriums steht der Landesbetrieb für Bauen und Liegenschaften vor einer einschneidenden Personalreduzierung, denn bei derzeit 739 sollen nur noch 469 Stellen übrig bleiben.

Betriebsbedingte Kündigungen sind nicht vorgesehen. Weil in den nächsten Jahren sehr viele Landesdiener in den Ruhestand treten, können und müssen sogar noch Nachwuchskräfte eingestellt werden - und trotzdem könnte das Einsparziel erreicht werden. Unmut gibt es also nicht, weil jemand darum fürchten müsste, auf die Straße gesetzt zu werden. Es ist eher die Frage, ob noch genügend Polizisten vorhanden sind, um die Sicherheit zu gewährleisten, ob es nicht an Forstleuten fehlt, um den Wald anständig zu pflegen, und ob nicht angesichts schlechter Ergebnisse märkischer Schüler bei diversen Leistungsvergleichen viel mehr Pädagogen gebraucht werden. Natürlich ist der Verdacht nicht völlig von der Hand zu weisen, dass eine drastische Personalreduzierung zu Verschlechterungen für den Bürger führt, also beispielsweise längere Wartezeiten in Ämtern.

In der Vergangenheit waren Ankündigungen einer Stellenreduzierung immer mit äußerst spitzen Fingern anzufassen, sie waren eher von Verwirrung als von Klarheit begleitet. So hatte der damalige Chef der Staatskanzlei Rainer Speer 2001 plötzlich angegeben, dass Land beschäftige in Wahrheit rund 3000 Menschen mehr als es immer behauptet hatte. Die seinerzeit oppositionellen Sozialisten verdächtigten Speer daraufhin, Stellen massenhaft erfunden zu haben, um später Einsparungen verkünden zu können, die es in Wirklichkeit gar nicht gegeben hat. Am Ende eines jahrelang vorgegaukelten Kurses der Personaleinsparung stünden nicht weniger, sondern sogar mehr Stellen zur Verfügung.

Während die damalige Finanzministerin Dagmar Ziegler (SPD) für 2002 eine Personalquote von 29 Prozent angab, sprach der jetzige Finanzminister Helmuth Markov (LINKE) jüngst von 22 Prozent. Die Personalquote, das ist der Anteil der Personalausgaben an den Ausgaben des Landes. Natürlich haben sich die Personalausgaben trotz Personalabbau im genannten Zeitraum nicht verringert. Es sind nämlich Landesbetriebe ausgegliedert und Globalhaushalte von Hochschulen herausgerechnet worden. So tauchen die entsprechenden Gehaltssummen nicht mehr bei den Landesbeschäftigten im engeren Sinne auf. Gezahlt werden muss aber trotzdem. Zum Vergleich: 1991 kosteten die damals 130 000 Landesbeschäftigten noch 15 Prozent des Etats.

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