Teure Warteschleife

Neues Finanzkonzept soll Hauptstadtflughafen retten

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.

Um die Finanzhilfen und den neuen Zeitplan für den künftigen Hauptstadtflughafen BER wurde gestern im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft unter Vorsitz des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) bis in den Abend hinein gerangelt. Ein Ergebnis gab es bei Redaktionsschluss noch nicht, doch gingen Insider davon aus, dass es beim neuen Eröffnungstermin Ende Oktober 2013 bleibt.

Der Finanzplan war dagegen heftig umstritten. Schon im Vorfeld hatten FDP-Politiker gegen die Milliardenhilfe Front gemacht. Solange sich in der Führung des Flughafens und im Aufsichtsrat nichts ändere, werde man nicht noch mehr Geld in den Topf werfen, wurde aus dem Umfeld der liberalen Minister zitiert. Die FDP schlug erneut Beteiligung von privaten Investoren an dem Projekt vor, die aber schon 2006 gescheitert war.

Dennoch galt als sicher, dass der Bund seinen Anteil an den Mehrkosten übernimmt. Die werden mit 1,17 Milliarden Euro angegeben, bei Gesamtkosten von 4,3 Milliarden Euro. Trotz der neuerlichen Terminverschiebung soll nichts hinzukommen, obwohl jeder Monat Verzögerung weitere 15 bis 20 Millionen Euro verschlingt. Dafür sollen beim Schallschutz, für den bisher knapp 600 Millionen Euro einkalkuliert waren, über 200 Millionen Euro eingespart werden, weil er in geringerem Umfang eingebaut werden soll und die Mehrwegsteuer entfallen kann. Gegen die Sparvariante klagen aber die Anwohner.

Ohne weitere Finanzhilfe wäre der Flughafen zum Jahresende Pleite. Die Gesellschafter wollten sie durch eine Mischung aus mehr Eigenkapital der Gesellschafter, Überbrückungskrediten und staatliche Bürgschaften für die Aufnahme von Krediten aufbringen, entsprechend ihres Anteils an der Flughafengesellschaft. Berlin und Brandenburg sind mit jeweils 37 Prozent beteiligt, der Bund mit 26 Prozent. Brandenburg hat bereits in seinem Haushalt Vorsorge in Höhe von über 400 Millionen Euro getroffen, der Bund wollte 300 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Für Berlin, das dafür noch einen Nachtragshaushalt verabschieden muss, dürfte die Summe kaum kleiner ausfallen. Bisher hat der Flughafen die Berliner Steuerzahler 180 Millionen Euro gekostet.

Nicht auf der Tagesordnung der Sitzung standen Personalfragen. In den vergangenen Tagen war vor allem über die Ablösung von Flughafenchef Rainer Schwarz spekuliert wurden. Der Präsident der Berliner Industrie- und Handelskammer (IHK), Eric Schweitzer, legte gestern noch einmal nach. »Ich glaube, dass er damit völlig überfordert ist«, sagte Schweitzer über die Rolle von Schwarz beim Projekt Hauptstadtflughafen. Planung und Ausschreibung seien nicht präzise genug gewesen. »Ich bin sicher, dass er die Eröffnung nicht als Flughafenchef erleben wird.« Mit dem neuen Technikchef Horst Amann zeigte sich Schweitzer dagegen sehr zufrieden. Da sei ein wirklicher Vollprofi am Werke.

Anfang der Woche war bekannt geworden, dass der Flughafen wegen der massiven Brandschutzprobleme nicht wie zuletzt geplant am 17. März 2013 öffnen kann. Wie groß die Planungs- und Baumängel sind, davon konnte sich der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion in Brandenburg, Rainer Genilke, bei einem Baustellenbesuch überzeugen: 70 Prozent der Brandschutzanlage seien fehlerhaft verbaut. Das hätten Gespräche mit Mitarbeitern einer Firma ergeben, die mit der Auflistung der Brandschutzmängel beauftragt worden sei. Außerdem hätte er erhebliche Schadstellen an Pfeilern gesehen.

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