Epochaler Rückschritt in der Medizinethik

EU-Verordnung könnte Arzneimitteltests weitgehend abschaffen - die Pharmaindustrie profitiert

  • Harald Neuber
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.

Die EU-Kommission will die Kontrolle klinischer Forschung in einem historischen Maße einschränken. Dagegen regt sich nun Widerstand. Medienberichten vom Mittwoch zufolge will der Gesundheitsausschuss im Bundestag mit einer fraktionsübergreifenden Initiative versuchen, die Europaabgeordneten zu einer Änderung des Entwurfs zu bewegen.

Im Juni stimmten Mitglieder des Deutschen Bundestags klammheimlich für den Verkauf von Meldedaten. Dann verhinderte eine Protestwelle das Vorhaben. Nun macht das Beispiel in Brüssel Schule. Noch in der Urlaubszeit legte die EU-Kommission den Entwurf für eine Verordnung über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln vor, der epochale Standards aushebeln würde, die nach dem Zweiten Weltkrieg und den Grauen der Nazimedizin etabliert wurden. Das in der deutschen Version 115 Seiten umfassende Dokument schlägt nicht weniger als die Abschaffung der wissenschaftsethischen Kontrolle von Arzneimitteltests vor. Nicht nur in Deutschland müssen bislang Pharmakonzerne das Votum von Ethikkommissionen abwarten, bevor sie ihre Mittel in sogenannten Phase-I bis -III-Studien an Menschen testen. Im Haupttext der Verordnung anonymer EU-Bürokraten kommen die Begriffe »Ethik« oder »Ethikkommission« allerdings nicht einmal mehr vor.

Dabei wurde eine solch...


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