Steuerbescheid - wann Einspruch oder Antrag auf Änderung?

Jahr für Jahr immer wieder der selbe Aufwand in der Hoffnung, dem Staat bereits überwiesene Gelder entreißen zu können. Dann und wann folgt der pekuniären Hoffnung jedoch eine herbe Enttäuschung, wenn nämlich der Fiskus die Steuerlast erweitert, anstatt sie zu verringern: Der Nachzahlungsbescheid flattert ins Haus. Gegen den Steuerbescheid kann binnen eines Monats nach Zugang Einspruch eingelegt werden. Darauf wird in der Rechtsbehelfsbelehrung, die Inhalt jedes Verwaltungsaktes sein muss, hingewiesen. Die Frist für den Einspruch beginnt am dritten Tag nach Aufgabe zur Post. Faustregel: Datum des Steuerbescheids plus drei Tage (so genannte Zugangsvermutung) plus einen Monat. Fällt die Frist auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag, verlängert sich das Fristende auf den nächst folgenden Werktag (§ 193 BGB). Fristversäumnisse führen fast immer zum »Untergang« der Rechte; deshalb nicht bis zum letzten Tag warten. Der Einspruch ist schriftlich abzufassen oder kann an Amtsstelle zu Protokoll gegeben werden. Auch ein Fax ist zulässig. E-Mail oder Telegramm sind ausgeschlossen. Der Einspruch ist beim zuständigen Finanzamt einzulegen. Er soll den Verwaltungsakt (Steuerbescheid) bezeichnen - und natürlich, begründet werden (vgl. 357 AO). Das Finanzamt prüft nach Eingang des Einspruchs zunächst die formalen Zulässigkeitsvoraussetzungen, insbesondere wird die Einspruchsfrist geprüft. Ist z.B. die Frist versäumt, so wird der Einspruch gegen den Steuerbescheid - unabhängig davon, ob er richtig ist oder nicht - als unzulässig verworfen. Fristversäumnisse können nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen »entschuldbar« sein, etwa in plötzlichen und unvorhersehbaren Krankheitsfällen. Kann dies nachgewiesen werden, dann wird eine so genannte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt (§ 110 AO), die versäumte Frist wird im Nachhinein geheilt. Deshalb immer die Frist im Auge behalten und nicht bis zum letzten Augenblick warten. Wird Einspruch eingelegt, wirkt dieser immer gegen den gesamten Steuerbescheid, der gesamte Steuerfall wird aufgerollt, die Behörde prüft den gesamten Steuerfall (§ 367 Abs. 2 AO). Dies hat zur Folge, dass der angefochtene Steuerbescheid auch zum Nachteil des Steuerpflichtigen geändert werden kann (so genannte Verböserung; § 367 Abs. 2 Satz 2 AO), also ein anderer »großzügig« betrachteter Sachverhalt durch das Finanzamt nunmehr im Rahmen des Einspruchs »enger« betrachtet wird. Ist dies der Fall, muss das Finanzamt dies dem Einspruchsführer mitteilen und ihm Gelegenheit geben, sich hierzu zu äußern (§ 367 Abs. 2 Satz 2 AO). Will man dem dann aber entgehen, hilft nur die Rücknahme des Einspruchs. Der Einspruch gegen den Steuerbescheid wird die Regel sein, zumal hierauf die Rechtsbehelfsbelehrung des Steuerbescheides hinweist. Der Steuerpflichtige kann aber auch anstelle des Einspruchs eine Änderung des fehlerhaften Steuerbescheides durch einen Antrag auf »schlichte« Änderung erreichen (§ 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO). Voraussetzung ist hier allerdings, dass dieser Antrag vor Ablauf der einmonatigen Einspruchsfrist gestellt wird. Beispiel: Der Steuerpflichtige stellt fest, dass ein Einkommensteuerbescheid in einem Punkt falsch und dadurch seine Einkommensteuerschuld zu hoch ist, bzw. seine Steuererstattung zu niedrig ist. Er ruft sofort nach Erhalt des Steuerbescheides bei »seinem« Finanzamt an, weist auf den Fehler hin. Der Sachbearbeiter beim Finanzamt »sieht den Fehler ein« und sichert eine Korrektur des Steuerbescheides zu. Dies wäre ein Antrag auf schlichte Änderung, der zum Erfolg führt. Wesentliche Unterschiede zwischen Einspruch und Antrag auf schlichte Änderung: Der Einspruch muss schriftlich eingelegt werden, der Antrag auf schlichte Änderung kann auch mündlich (telefonisch) erfolgen. Dies gilt auch für die Antragsrücknahme. Beim Einspruch ist ein bestimmter Antrag (zunächst) nicht erforderlich. Bei einem Antrag auf schlichte Änderung muss vor Ablauf der Einspruchsfrist ein bestimmter Antrag auf Änderung gestellt werden. Es genügt nicht, dass ein allgemein auf Änderung des Bescheides lautender Antrag nach Ablauf der Einspruchsfrist präzisiert wird. Hier läuft man Gefahr, alle Rechte zu verlieren, da der Antrag unzulässig wird und die Einspruchsfrist unrettbar verstreicht. Beim Einspruch wird der gesamte Steuerbescheid überprüft, was eben auch zu einer Verböserung führen kann. Beim Antrag auf schlichte Änderung ist dies jedoch nicht möglich. Allerdings können so genannte gegenläufige Fehler aufgerechnet werden (Saldierung von Rechtsfehlern zu Gunsten und zu Ungunsten; § 177 Abs. 2 AO). Beim Einspruch kann das Einspruchsbegehren, die Begründung was man wie geändert haben will, auch noch später, also nach der Einlegung des Einspruchs, vorgetragen und erweitert werden. Beim Antrag auf schlichte Änderung ist dies ausgeschlossen. Beim Einspruch kann Aussetzung der Vollziehung durch das Finanzamt gewährt werden, beim Antrag auf schlichte Änderung besteht kein Anspruch auf Aussetzung der Vollziehung. Hier kommt höchstens eine Stundung in Betracht. Gegen die Ablehnung des Antrages auf schlichte Änderung kann Einspruch eingelegt werden. Ebenso gegen einen geänderten Steuerbescheid, der dem Antrag auf schlichte Änderung nur zum Teil stattgibt. Hier ist jetzt jedoch zu beachten, dass das Einspruchsverfahren immer noch im Rahmen des Antrages auf schlichte Änderung abläuft. Gegenstand dieses Rechtsbehelfsverfahrens (Einspruchsverfahrens) kann dann nur die Frage sein, ob der schlichte Antrag auf Änderung ganz oder teilweise hätte abgelehnt werden dürfen. Weitergehende Anträge kann der Steuerpflichtige nicht stellen. Auch die Verböserung ist hier eingeengt. Wird also dem Antrag auf schlichte Änderung ganz entsprochen und der Änderungsbescheid nach Ablauf der Einspruchsfrist (des ersten Bescheides) bekannt gegeben, so kann ein Einspruch gegen den Änderungsbescheid nicht zu einer weiteren Änderung führen (§ 351 Abs. 1 AO). Wird dem Änderungsantrag voll oder teilweise entsprochen, und dieser Änderungsbescheid vor Ablauf der Einspruchsfrist (des ersten Bescheides) bekannt gegeben, ist dieser Änderungsbescheid allerdings dann bis zum Ablauf der neuen Einspruchsfrist in vollem Umfang anfechtbar, die Sperre des § 351 Abs. 1 AO greift hier dann nicht. Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass eine schlichte Änderung auch im umgekehrten Falle jederzeit zu Ungunsten des Steuerpflichtigen durch das Finanzamt möglich ist. Dies aber nur dann, wenn der Steuerpflichtige dem zustimmt. Damit spielt diese Vorschrift in der Praxis keine bedeutende Rolle, da eine solche Korrektur nur in ganz wenigen Fällen erfolgen wird, etwa dann, wenn ein Nachteil in einem Jahr (Korrektur) in einen Vorteil in einem anderen Jahr »umschlägt«. Der Antrag auf schlichte Änderung kann übrigens auch gegen eine Einspruchsentscheidung gestellt werden (§ 172 Satz 2 und 3 AO). Allerdings gelten hier dieselben einschränkenden Kriterien wie oben dargestellt. Ist es zweifelhaft, ob ein Einspruch eingelegt wurde oder ob ein Antrag auf schlichte Änderung gestellt wurde, nimmt die Finanzverwaltung in der Regel einen Einspruch an. Diese Annahme wird dann untermauert, wenn etwa ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt wurde. Bei dieser Auslegung wird zu Gunsten des Steuerpflichtigen unterstellt, dass ein Einspruch die Rechte umfassender wahrt, als es bei einem Antrag auf schlichte Änderung der Fall ist. Einspruch und Antrag auf schlichte Änderung sind übrigens nicht nebeneinander zulässig. Der Einspruch hat hier Vorrang. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (§361 AO), der in der Regel mit dem Einspruch gestellt wird, ist im Übrigen ein gesondertes Verfahren. Gewährt das Finanzamt, nach überschlägiger Prüfung der Erfolgsaussichten des Einspruchs (so genanntes summarisches Verfahren) die Aussetzung der Vollziehung, so bedeutet dies, dass aus dem angefochtenen Steuerbescheid heraus nicht vollstreckt wird. Wird der Einspruch später abgelehnt, und war eine Aussetzung der Vollziehung gewährt worden, ist allerdings zu beachten, dass hier Aussetzungszinsen anfallen (sechs Prozent p.a.). Es ist also sehr sorgfältig zu prüfen, ob ein Antrag auf schlichte Änderung gestellt werden sollte, oder ob nicht dem umfassenderen Einspruchsverfahren, auch bei der Möglichkeit der Verböserung, nicht doch der Vorzug gegeben werden sollte. Der Änderungsantrag ist mit Fallstricken verbunden und macht überdies die Aussetzung der Vollziehung des fehlerhaften Steuerbescheides nicht möglich, da eine Stundung, deren Gewährung wiederum eigenen Regeln unterworfen ist, seltener ausgesprochen werden dürfte als eine Aussetzung der Vollziehung, die es eben nur beim Einspruch gibt. Verbündete im Kampf gegen die fiskalischen Windmühlen zu finden, ist immer hilfreich. Daher empfiehlt es sich, bei Finanzgerichten und auch dem Bundesfinanzhof nach ähnlich strukturierten Steuerfällen z. B. im Internet zu suchen. Ein kleiner Aktenverweis kann in der eigenen Sachbegründung manchmal Wunder bewirken. Experten weisen darauf hin, dass das Einspruchsverfahren gebührenfrei ist, der möglicherweise nachfolgende Prozess aber nicht. Dabei muss der Kläger, also der Steuerschuldner, mit den Kosten für Steuerberater, Rechtsanwalt und den allgemeinen Gerichtskosten rechnen. Hingegen können die Kosten für Hilfsmittel, wie Software, Literatur etc. und professionelle Berater ...

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