Alte Liebe im neuen Gewand

Süßes Jubiläum bei Berggold in Pößneck

  • Peter Liebers, Erfurt
  • Lesedauer: ca. 2.5 Min.

Das Schokoladenwerk Berggold im ostthüringischen Pößneck feierte jüngst sein 125-jähriges Jubiläum. Anlass genug, um der Produktpalette eine Schönheitskur zu verpassen.

In völlig neuem Gewand präsentiert sich jetzt die einst nach einer Sendung des DDR-Rundfunks benannte Pralinensorte »Alte Liebe« des Pößnecker Schokoladenwerks »Berggold«. Sie steht zugleich als Symbol für das Verhältnis der Kunden zu der Thüringer Marke, die, Firmenangaben zufolge, im Osten einen Bekanntheitsgrad von 63 Prozent hat. Anlässlich des 125. Gründungsjubiläums im Juli hat das Unternehmen nicht nur der »Alten Liebe«, sondern allen Produktverpackungen eine Schönheitskur verordnet. Gleichzeitig startete Berggold einen Werbefeldzug, der den Bekanntheitsgrad Pößnecker Leckereien weiter steigern und neue Liebe entfachen soll. Mit der jährlichen Produktion von 4500 Tonnen Gelee-Erzeugnissen, 1250 Tonnen Schokolade und Pralinen sowie 950 Tonnen Zuckerwaren rangieren die Pößnecker auf Platz drei unter den ostdeutschen Süßwarenherstellern. Vor zehn Jahren hing das Schicksal des Unternehmens noch an einem seidenen Faden. In zwei Schritten wurden über 600 der einst 750 Beschäftigten entlassen, um das Überleben der Firma zu sichern. Sie habe sich damals in Pößneck nicht auf der Straße sehen lassen dürfen, gestand Geschäftsführerin Elvira Ortlepp dem ND. Inzwischen haben sich die Wellen wieder geglättet, nachdem 1991 die Bamberger Spiel- und Süßwarenfirma »Heinerle« das Unternehmen von der Treuhand gekauft, rund 14 Millionen Mark investiert und 1996 die Bamberger Produktion nach Pößneck verlagert hat. Fragen nach den wirtschaftlichen Effekten der Expansion nach Pößneck umging Heinerle-Geschäftsführer Klaus Homann elegant. Der Einkauf sei zentralisiert und weitere Strukturveränderungen vorgenommen worden, teilte er lediglich mit. Trotzdem erweist sich der Schritt auf den westdeutschen Mark noch immer als schwierig. Synergieeffekte über die Heinerle-Vertriebsstrukturen seien so leicht nicht zu erreichen, sagte Homann und verwies darauf, dass im Fachhandel allein die Bekanntheit der Marke zähle. In Supermärkten zähle wegen der Warenfülle allein die Aufmachung - Grund für deren Verjüngungskur im Jubiläumsjahr. Über die wechselvolle Geschichte der Firma informiert nun eine Ausstellung in Pößneck. Schon 1888 wurde das Unternehmen Hoflieferant des Sachsen-Meiningischen Herzoghauses. Acht Jahre später wurde ihm angesichts seiner »vorzüglichen Produktion« großmütig gestattet, den Namen von Herzogin Charlotte samt Wappen und Krone zu führen. In den Kriegsjahren 1942/43 war es mit den Süßigkeiten vorbei. Die Pralinenhersteller mussten umsatteln und für die Rüstungsproduktion von BMW in Eisenach Ersatzteile herstellen. Als »Rüstungsbetrieb« wurde das Werk 1947 enteignet und in Volksvermögen überführt. Zwei Jahre später waren die Pößnecker die ersten in Deutschland, die nach dem Krieg wieder Tafelschokolade produzierten. 1955 schließlich wurde die Firma »Robert Berger« in »Berggold« umbenannt. Dessen Weinbrandbohnen oder Gelee-Früchte so begehrt wie selten waren. In den Export gingen allerdings nur Erzeugnisse mit geringem Schokoladenanteil, da das Grundmaterial für rare Devisen importiert werden musste. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Heute liefert Berggold 15 Prozent seiner Produktion an Kunden zwischen Nordeuropa und Neuseeland. In Australien und Südamerika haben Pößnecker Pralinen eben so Freunde gefunden wie in Österreich. Trotzdem freuen sich die Nachfahren der einst stolzen Hoflieferanten heute schon, wenn ordinäre Supermärkte ihre Erzeugnisse listen. Homann klagt über einen »rückläufigen Pralinenmarkt« und ist froh über die Kombination seiner ursprünglichen Kindermarke »Heinerle«, die Liebesperlen in Milchfläschchen, Schokolollys und Wundertüten herstellt, mit den edlen Produkten flüssig- und halbflüssig gefüllter Pralinen, Nougatspezialitäten und Gelee-Erzeugnissen bei Berggold. Eine Sparte laufe immer. Statistiken belegen das. Danach vernaschen die Deuts...

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