Geheimdienst-Spitzel als kleiner Nebenjob für Studies

Verfassungsschutz wirbt über »Alma Mater«-Börse

  • Rainer Funke
  • Lesedauer: 2 Min.
Die Sache ist ziemlich einfach: Man suche im Internet die Website der Studenten-Jobbörse namens »Alma Mater« auf und interessiere sich für das »Team Base Research«. Hier wird eine »Mitarbeit an Forschungsprojekten im gesellschaftspolitischen Bereich« angeboten. Und schon ist man auf bestem Wege, ein Spitzel alias Informat alias IM des Bundesamtes für Verfassungsschutz zu werden. Natürlich muss man laut Ausschreibung bereit sein, sich »in einen komplexen Sachverhalt« einzuarbeiten. Man möge Studienanfänger sein, »da hier die Einarbeitungszeit in einem guten Verhältnis zur erwartenden Zeit der Mitarbeit steht«, höchstens 25 Jahre als sein, dazu noch flexibel mit »Interesse an gesellschaftspolitischen Zusammenhängen«. Keine Frage - man hat es offenbar mit einem grundsoliden Unternehmen zu tun, das sich als »Partner für Firmen, Behörden und Forschungseinrichtungen« sieht, der sich der empirischen Sozialforschung und der Zielgruppenanalyse widmet. Bei den Jobs handele es sich »überwiegend um langfristig angelegte Nebentätigkeiten für junge Menschen in Studium und Berufsausbildung mit überdurchschnittlicher Bezahlung«. Der Bewerbung folgt prompt eine Einladung - und zwar ins Berliner Kulturkaufhaus Dussmann. Hier befindet sich das »Team Base« und sein Geschäftsführer, der sich nach »taz«-Recherchen als »Herr Peter Ulmer« sowie »Soziologe und Buchautor« vorstellt. Aber anwesend ist er momentan nicht. Und es kennt ihn auch keiner, weder bei Dussmann noch in den örtlichen Ämtern, wo er sein Gewerbe schließlich hätte anmelden müssen. Ulmer & Co. mieten die Räume nur gelegentlich. Doch waren nicht wenige Studenten bereits hier. Und mussten Testfragen über sich ergehen lassen. Wurden sie zu Ulmers Zufriedenheit beantwortet, stellen sich ganz offen weitere Herren vor - Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Und jetzt erfährt der geneigte Bewerber, was von ihm erwartet wird. Die IM-Führer interessieren sich für die linke Szene in Berlin, für Strukturen von Globalisierungsgegnern, für autonome Gruppen. Laut »taz« bekommt man für die Spitzel-»Stunde« zehn Euro steuerfrei - viel Geld für Studenten, von denen viele mit sozialen Problemen zu kämpfen haben, was der Geheimdienst faktisch skrupellos ausnutzt. Man darf sich nichts notieren, aber möglichst detailliert über Personen, ihre Ansichten und intimen Verhaltensweisen informieren. Beim Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln wollte man diese Art von Zielgruppenforschung nicht kommentieren. Sprecher Dr. Lange gegenüber ND: »Zu operativen Angelegenheiten können wir nichts sagen. Auch nichts zu behaupteten operativen Angelegenheiten. Ob es stimmt oder nicht stimmt, dazu sagen wir nichts.«
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