Streit um Kritik an Israel

Münchner EineWeltHaus sieht »vorgeschobenen« Antisemitismus-Vorwurf

  • Nikolaus Brauns, München
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

Das vor knapp einem Jahr eröffnete EineWeltHaus in München muss sich gegen schwere Vorwürfe zur Wehr setzten. »Israel-Hetze« und Antisemitismus würden in dem der Stadt gehörenden Haus betrieben. Das war in der »Süddeutschen Zeitung« schon im Vorfeld der in der vergangenen Woche zum fünften Mal vom Palästina-Komitee veranstalteten »Palästina-Tage« zu lesen.

Durch den SZ-Artikel alarmiert, warfen mehrere CSU-Stadträte Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) vor, »schlimme antiisraelische Propaganda in einem Haus der Landeshauptstadt« zu dulden, was SZ und Lokalpresse zu weiteren Artikeln animierte. Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde und Vizepräsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, ebenfalls CSU, erklärte, das Palästina-Komitee sei »zu weit gegangen«. Sie prüfe jetzt, ob der Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt sei, um rechtliche Schritte einzuleiten. Eine kritische Auseinandersetzung mit der israelischen Politik stand im Mittelpunkt der diesjährigen Palästina-Tage. So referierte der jüdische israelische Journalist Shraga Elam über »den Missbrauch des Nazi-Judozids durch den Staat Israel« - ein Thema, das in den vergangenen Jahren bereits nach Erscheinen des umstrittenen Buches »Holocaust-Industrie« des amerikanischen Historikers Norman Finkelstein Wogen schlug. Andere Veranstaltungen beschäftigten sich mit der rassistischen Politik des Staates Israel gegenüber den Arabern, aber auch mit dem Zusammenhang von Verteidigungspolitik und Architektur beim Bau jüdischer Siedlungen in den besetzten Gebieten. Im Mittelpunkt der öffentlichen Auseinandersetzung stand jedoch die Eröffnungsveranstaltung, auf der der Pädagoge und Friedensaktivist Christoph Steinbrink zu der These sprach, dass in Deutschland mit dem Antisemitismusvorwurf Kritik an der israelischen Regierungspolitik abgeblockt würde. Steinbrink stellte sich dabei explizit hinter Behauptungen des FDP-Politikers Jürgen W. Möllemann in seinem mittlerweile bundesweit berüchtigten Flugblatt, in dem er mit diesem Vorwurf Israels Premier Ariel Scharon und Michel Friedman, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, attackiert hatte. Bereits während der letztjährigen Palästina-Tage hatte OB Ude die von Steinbrink konzipierte Fotoausstellung »Palästinensische Alltagsszenen«, die zuvor unbeanstandet in verschiedenen Schulen gezeigt worden war, wegen angeblich »einseitiger Darstellung« verboten und dem Palästina-Komitee den Zuschuss durch das Kulturreferat streichen lassen. Der Vorstand des EineWeltHauses nennt die Artikelserie der »Süddeutschen Zeitung« und aller anderen Münchner Blätter »unsauberen Journalismus« und sieht dahinter eine gezielte Diffamierungskampagne. Beim Deutschen Presserat soll deswegen Beschwerde eingelegt werden. Angesichts der leeren Kassen der Stadt München sei der Antisemitismus-Vorwurf vorgeschoben, um dem Haus »an den Karren zu fahren«. Die Räumlichkeiten des Hauses werden von über 160 Gruppen aus mehr als 50 Ländern genutzt. Auch ein Jüdisch-Palästinensischer Dialogkreis gehört zu den regelmäßigen Nutzern. Geschäftsführer Kurt Haymann findet »nichts Verwerfliches daran, wenn Gruppen, die bei uns mitarbeiten, provokante Thesen aufstellen«. Und Fuad Hamdan vom Palästina-Komitee versicherte, die Referenten der Palästina-Tage gingen mit dem Thema »zwar sorgsam, aber nicht so ängstlich um, wie man das sonst tut in diesem Land«. Bereits Anfang des Jahres war das EineWeltHaus in die Kritik geraten. Die Stadt München hatte mit der Streichung von Geldern gedroht, wenn Räumlichkeiten an Gegner der NATO-Sicherheitskonferenz vermietet würden. Um die Existenz des Hauses nicht zu gefährden, sah sich der Vorstand dam...

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