Typische Brandstifter: männlich, jung, einsam

Ermittler auf den Spuren von Serientätern und anderen Feuerteufeln/Voriges Jahr 32 Todesopfer

1612 Brandstiftungen registriert die Kriminalstatistik für das vorige Jahr, 1235 wurden als vorsätzlich eingestuft. Das sind jeweils um die 20 Prozent weniger als 2000. Und auf den ersten Blick dürfte der Trend auch dieses Jahr anhalten. Brand-Inspektionsleiter Michael Havemann warnte gegenüber ND allerdings vor schnellen Schlüssen: Zehn Prozent der Brandstifter, so sagt er, sind Serientäter, die gleich einige Dutzend derartiger Straftaten auf dem Kerbholz und damit einen nicht unerheblichen Anteil am gesamten Aufkommen haben. Und wenn, wie derzeit, einige mehr als sonst im Knast sitzen, sinke für eine gewisse Zeit auch die Kurve der akuten Fälle. Auch die jahrelange Präventionsarbeit hat laut Havemann Früchte getragen. Man müht sich, mit Hausmeistern und -ver- waltungen im Gespräch zu bleiben und ihre Obacht für Brandquellen zu schärfen, die vor allem durch Sorglosigkeit und Unordnung entstehen und deshalb zu verhindern wären. Insbesondere dort, wo es schon einmal gebrannt hat, ist man sensibel für den praktischen Rat der Brandermittler. Das Vorgehen der meisten Brandstifter - ausgenommen beim Versicherungsbetrug, der aber mit einigen wenigen Prozent nur eine geringe Rolle spielt - ist nämlich fast immer gleich: Sie stecken an, was sie an Brennbarem vorfinden, also den Karton mit den Werbezetteln oder die alte Couch im Hausflur, das Gerümpel im Keller oder auf dem Dachboden, sofern nicht abgeschlossen ist. Die Ermittler suchen bei einer Häufung von Zündeleien nach räumlichen und zeitlichen Zusammenhängen. Am Tatort wird nach dem so genannten Ausschlussverfahren vorgegangen und vor allem geprüft, was nicht gewesen sein kann, wie Michael Schultz sagt, der ein Brandkommissariat leitet. Man sucht u.a. nach elektrischen Defekten, eine Hauptursache für fahrlässig erzeugte Brände, oder andere mögliche Ursachen. Wenn dann irgendwo irgendetwas herumsteht, was sonst nicht brennen würde, wenn man es nicht ansteckt, dann liegt die Brandstiftung nahe. Ob dazu Benzin, Spiritus oder vergleichbare Flüssigkeiten verwendet wurden, lässt sich mit entsprechendem Gerät nachweisen. Typisches Indiz, so Schultz, ist es auch, wenn mehrere Brandherde auszumachen sind. Bei Tätern, die einen einzelnen Brand legen, kann man im Prinzip davon ausgehen, dass man es mit einer Beziehungstat zu tun hat. Das Motiv ist dann meist Eifersucht, Rache und dergleichen mehr. Der typische Brandstifter ist übrigens zu etwa 95 Prozent männlich. Und unter den wenigen weiblichen gibt es so viel wie keine Serientäter. Die meisten Brandleger - so etwa 60 Prozent - sind nach Havemann zwischen 19 und 35 Jahre alt. Man kann sagen, je älter die Leute, desto weniger zündeln sie. Brandstifter über 55 Jahre kennt man in Berlin kaum. Darüber hinaus hat man es oftmals mit ziemlich einsamen Menschen zu tun, die nur wenige soziale Kontakte pflegen, dem Alkohol zuneigen und so vor sich hin dümpeln. Manchmal sind sie von der Pyromanie geplagt. Und nicht selten hat Brandstiftung etwas mit einem Hilferuf an die Umwelt zu tun. Kinder sind zu knapp 15 Prozent beteiligt. Sie legen »ihre« Brände meist aus Übermut, Abenteuerlust oder aus der Gruppendynamik heraus. Zu den spektakulärsten Fällen der letzten Zeit gehören die absichtlich herbeigeführte Gasexplosion in der Herderstraße, die angezündete Gaststätte »Helgoland«, das Feuer in der U-Bahn-Station »Deutsche Oper« und in der Markthalle Residenzstraße sowie Serien angezündeter Autos, und zwar jene ohne vermuteten politischen Hintergrund. Denn jene, die von extremistischen M...

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