Führungskraft am Pinsel
Die Agentur »echopool« organisiert Sozialsponsoring
Holger hat weiße Spritzer im Gesicht, Lisa einen dicken Strich an der Backe. Jochen kann seinen Pullover vergessen, Anja war schlauer und hatte Schutzkleider an. Die Laune ist bestens. Noch ein paar Ecken, sauber machen, und fertig. Der fällige Anstrich in der Straßenkinder-Anlaufstelle »klik« an der Torstraße ist über die Bühne.
Normalerweise schwingt Jochen Taterra keine Pinsel, sondern das Zepter in seiner »Taterra EDV-Beratung«. Und Anja Kantowski steht sonst nicht auf Malerleitern, sondern an der Spitze der Unternehmensberatung »Akanto«. Das übrige Malerpersonal setzt sich aus Führungskräften von Unternehmen wie den Agenturen »Aperto« und »Webwerk«, des Cateringservice »Pandoras«, der Unternehmensberatung »Transition Group« und der Anwaltskanzlei Jaschinsky, Römer & Brexl zusammen.
Holger Volland und Lisa Biehl haben den Arbeitseinsatz organisiert. Es ist die Weihnachtsaktion der Agentur »echopool«, die die beiden vor etwa vier Jahren gegründet haben. »Normalerweise beraten wir Firmen bei der Imagepflege durch gesellschaftliches Engagement«, sagt Vol-
land. »Heute packen wir selbst mal an«.
»Echopool« hilft »Firmen und Organisationen bei der Stärkung ihres Unternehmenswerts«, erläutert Lisa Biehl. Wer sein Image verbessern möchte, wendet sich an die Agentur. Die macht dann Vorschläge, stellt die Kontakte her und organisiert die Pressearbeit. »Natürlich ist das Werbung«, sagt Volland. Bei leeren Kassen müsse man aber weg von dem Denken, es sei böse, über gute Taten zu reden.
In Berlin steckt der Handel mit dem freundlichen Gesicht noch in den Kinderschuhen. Sponsoring gibt es zwar schon lange - so unterstützt die GASAG traditionell die Neuköllner Oper, und alljährlich erlebt die Stadt einen Tag des Ehrenamts. Als auf »corporate citizenship« spezialisierte Agentur hat »echopool« bislang jedoch wenig Konkurrenz. Sechs feste Mitarbeiter erwirtschaften so immerhin eine halbe Million Euro jährlich. Und trotz der schrumpfenden Werbebudgets, denen schon so viele Berliner Agenturen zum Opfer fielen, sieht Volland Perspektiven: Solches Engagement sei vergleichsweise preiswert. Und offenbar ist Wohltätigkeit gerade in harten Zeiten angezeigt. Unternehmen wie die Post, Bayer oder Mobilcom sind Kunden von »echopool«.
Kurz nach der Bundestagswahl wurden Pläne diskutiert, die Steuerabsetzungsfähigkeit von Sponsoring-Geldern abzuschaffen. Für »echopool« wäre dies das Aus gewesen. Wenn es nach Biehl und Volland ginge, könnte man auch »gespendete Arbeitszeit« geltend machen. Bei dem Pinseleinsatz im »klik« wären das fast 6000 Euro gewesen. In den USA ist der karitative Arbeitseinsatz schon beliebter als die Spende: Der Spaß am Helfen hebt die Stimmung der Mitarbeiter und ist ein »weicher Faktor«, der zu harten Einnahmen führen kann.
Beim Sozialsenat sieht man solche Initiativen »natürlich gerne«. Staatliche Regelfinanzierung, betont Sprecherin Roswitha Steinbrenner jedoch, könne auf diese Art nie ersetzt werden. Zu ungezielt und kurzfristig seien Engagements aus der Wirtschaft. Als vordringlich wird die Förderung des Sponsoring im Senat aber nicht gesehen: Zu weiteren Steuererleichterungen für Sponsoren hat zumindest die Sozialverwaltung keine Meinung.
Bei »klik« jedenfalls sind jetzt die Wände weiß. Und die Pinselführungskräfte ließen sich den verdienten Linseneintopf schmeck...
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