Bingo! am Marlene-Dietrich-Platz

Deutschlands erste staatlich konzessionierte Live-Halle eröffnet

Es ist ein bisschen wie in einem riesigen Wohnzimmer: mit einem weichen Teppich, orangefarbenen Veloursesseln, runden Tischen und einer Bar. Gemütlich - und wahrscheinlich ganz anders, als man sich eine Spielhalle vorstellt. Kein Rattern irgendwelcher Automaten oder aufgeregte Gäste. Stattdessen hoch konzentrierte Besucher, die wahrscheinlich nicht einmal das weiche Klacken der 90 bemalten Tischtennisbälle im Ziehungsgerät wahrnehmen. Gespannt lauschen sie der Moderatorin, die nach wenigen Sekunden immer neue Zahlen in das Mikrofon haucht. Seit einer Woche kann im Casino am Potsdamer Platz Bingo gespielt werden: Die erste staatlich konzessionierte Bingohalle Deutschlands hat geöffnet. Noch warten die Initiatoren - die Deutsche Klassenlotterie Berlin und die Spielbank am Potsdamer Platz - allerdings auf den großen Ansturm. In der ersten Woche war die Resonanz eher gering, resümiert Steffen Stumpf, Sprecher der Spielbank. Aber er ist davon überzeugt: »Wer erst einmal hier war, der kommt auch wieder.« Stumpf will bereits erste Stammkunden gesichtet und »Bingokränzchen« ausgemacht haben. Obwohl er das Klischee, Bingo werde vor allem von der älteren Generation gespielt, zurückweist. »Es ist nicht altersbezogen, dafür preiswert, gesellig und einfach«, sagt Stumpf. Hunderte Spielstätten im Ausland würden das beweisen. So war das im Jahre 1530 erfundene Glücksspiel bisher vornehmlich in Amerika und England, aber auch in Spanien und Italien eine beliebte Freizeitbeschäftigung. Ursprünglich verwendete man Bohnen als Spielsteine. Daher kommt auch der Name Bingo, von bean, englisch für Bohne. Die Regeln sind einfach: Man kauft einen oder mehrere Spielscheine, erhält einen dicken Text-Marker und konzentriert sich auf die Moderation oder auf eine der Anzeigetafeln. Alle paar Sekunden wird eine neue Zahl gezogen, die auf dem Ticket zu markieren ist. Das muss schnell passieren, denn wer zuerst alle fünf Zahlen in einer Reihe des Spielscheins gekennzeichnet hat, meldet laut »Linie« an und gewinnt zehn Prozent der Einsätze. »Bingo« ruft derjenige in den Saal, der alle 15 Zahlen in einem der sechs Spielfelder des Scheins markiert hat. Die Hälfte der Einsätze sind dem Glückspilz dann sicher. So wie Igor Wengler bei seinem ersten Live-Bingo. Sein Schein, der wie die aller Teilnehmer vor Spielbeginn registriert wurde, erscheint als Beweis im Großformat auf dem Bildschirm. Glückwunsch - auf einem Silbertablett wird ihm sein Gewinn serviert: 15 Euro. Und ein goldener Stern schmückt für diese Session - sie dauert etwa eine Stunde und besteht aus maximal sieben Runden - den Tisch. Im Prinzip funktioniert Bingo wie Lotto: Je mehr Leute mitspielen, desto mehr Geld wird ausgespielt. Der größte Gewinn lag in den ersten Tagen bei rund 650 Euro, berichtet Steffen Stumpf. Da gehört Matthias Koralewski, der Polier aus Neukölln, eher zu den kleinen Glückspilzen. Er ist zum dritten Mal im Casino und konnte am Vortag »um die 40 Euro mit nach Hause nehmen«, sagt der 37-Jährige. Er entdeckte die neue Spielstätte zufällig, wollte eigentlich zum Roulette. Eine blonde Dame aus Südamerika bezeichnet die Berliner Bingo-Premiere als einen »gelungenen Anfang«. »Ich wärme mich beim Spiel auf, trinke gemütlich meinen Kaffee und amüsiere mich«, sagt sie. Dann ist es wieder still im Raum, die Dame am Mikro läutet die nächste Runde ein. Schon nach acht M...

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