Nur drei Jahre Haft für »Noten des Hasses«

Deal des Gerichts mit Produzent von Neonazi-CDs

  • Gunnar Schubert, Dresden
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.

Zu drei Jahren Haft hat das Landgericht Dresden den »Geschäftsmann« Adrian Preißinger verurteilt. Er war Produzent von Neonazi-CDs wie den »Noten des Hasses« und wegen Volksverhetzung angeklagt. Doch das Gericht machte mit ihm einen Deal.

Selbstverständlich, es sind »ekelhafte und widerliche Texte mit denen wir es hier zu tun haben«, räumte am Donnerstag der erste der drei Verteidiger des Angeklagten ein. Aber er gebe zu bedenken, ob es sich hier tatsächlich um gewolltes Verbreiten von Hetze handle oder nicht eher um das Führen »eines durchaus gut gehenden Geschäftes« seinen Mandanten. Nach allem, was über diesen Mandanten im Vorfeld zu hören war, erwartete man einen alerten Businessmann oder einen stiernackigen Tattooträger. Der 38-jährige Historiker - für »Mittlere und Neuere Geschichte« - sah aber wie ein Angestellter einer unteren Behörde einer mittleren Kreisstadt aus. Das sollte der berüchtigte Inhaber der »Agentur für Kommunikation« (AFK) mit Sitz in Kronach, später in der Slowakischen Republik, sein? Den Prozess nannte ein Beobachter, nach den Strafverfahren gegen die mit Preißinger politisch und geschäftlich verbundenen Nazi-Rock-Produzenten und Verfassungsschutz-V-Leuten Toni Stadler und Mirko Hesse, die letzte Seite eines ungleichseitigen Dreiecks. Die Klageschrift wegen Volksverhetzung, z. T. in Tateinheit mit Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen oder Gewaltdarstellung, liest sich wie ein Versandkatalog für rechte Musik: Gruppen wie Stahlgewitter, Iron Youth oder Kampfruf. Preißingers AFK besorgte das Pressen der CDs hauptsächlich in Italien für seine Kunden aus Langenfeld (Funny Sounds & Vision), Chemnitz (Sonnentanz und Movement Records) oder Langburkersdorf (Mirko Hesse, H.A. Records). Für Hesse, der vor einigen Wochen bereits vor der Staatsschutzkammer des Dresdner Landgerichts stand, ließ er die CD »Einstand« der Gruppe »14 Nothelfer« herstellen, laut Staatsanwaltschaft den Skinheads Sächsische Schweiz (SSS) nahe stehend. Eine der wichtigsten Arbeiten für den Hammerskin Hesse war die Produktion »Noten des Hasses« der White Aryan Rebels (W.A.R.), die bereits im Prozess um Toni Stadler eine Rolle gespielt hatte. Neben dem von Hesse gestalteten Booklet mit knapp 20 Hakenkreuzen und den mit »Fuck« versehenen Fahnen der BRD und Israels, sind es die Texte, die Aufsehen erregten. Da ist vom »Blutsauger im Rabbinergewand« die Rede. »Nigger... das sind keine Menschen, das ist Ungeziefer«, heißt es. Und: »Bald stirbt die Ausgeburt der Hölle, dann stimmt das Märchen von Auschwitz-Buchenwald.« Preißinger sei, so seine Anwältin, ein Überzeugungstäter gewesen. Er habe sich aber geändert, die knapp zehn Monate Untersuchungshaft seien nicht spurlos an ihm vorüber gegangen. Und er habe bereits früher »zwei unpolitische Bücher herausgegeben«. Eines, das sagt die Verteidigerin nicht, ist in der bekannten Verlagsgesellschaft Berg mit einem Vorwort von Joachim Siegerist erschienen: »Von Sachsenhaus nach Buchenwald. Die Todesfabriken der Kommunisten«. Unpolitisch? Eine rassistisch-religiöse Gruppierung aus den USA lobt den Autor als »striking revisionist«. Die englischsprachige Ausgabe steht auf Versandlisten neben Büchern von Manfred Roeder, David Irving oder Thies Christophers. Ein Wort des Bedauerns, der Einsicht war von Preißinger nicht zu hören. Seine Anwältin sieht gar ihn als Opfer, das »in seiner wirtschaftlichen Existenz vernichtet« sei. Und durch die Berichterstattung in der Slowakei nach seiner Festnahme seien Preißingers Persönlichkeitsrechte verletzt worden. Sein Aufenthaltsrecht dort sei nun eingeschränkt. Und sie flunkert ein wenig, denn ihr Mandant hatte immer nur den Status eines Touristen, der mit seinen Aktivitäten auch gegen Gesetze der Slowakei verstieß. Nach den Aufsehen erregenden Verfahren gegen die V-Leute Stadler und Hesse wurde nun Preißinger zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt. Dem ging eine Vereinbarung zwischen Verteidigung, Anklägern und Kammer voraus: Preißinger gesteht alles, ist damit einverstanden, dass alle »Zeugnisse« seines Treibens sowie eine beschlagnahmte Summe von ca. 25000 Euro einbehalten werden. Für die drastische Verkürzung des Prozesses auf einen Verhandlungstag »bedankt« sich die Kammer mit einem Urteil nicht über drei Jahren, üblich bei diesen Straftaten sind fünf bis sechs. P.S.: Zwei der »14 Nothelfer«, Daniel B. und Thomas S., stehen derzeit auch in Dresden vor Gericht. Als Beklagte im Verfahren gegen die ...

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