Der Puderquast liegt immer bereit

Bernd Henke, Programm-Moderator beim SFB, glaubt an die Zukunft der Fernsehansage

  • Beatrix Altmann
  • Lesedauer: ca. 3.0 Min.
Bernd Henke ist einer der wenigen Programm-Moderatoren, die es noch gibt. Er glaubt nach wie vor fest daran, dass seine Zunft auch künftig überleben wird. Doch bei vielen Fernsehsendern gehören sie bereits der Vergangenheit an und wurden durch schnelle Trailer ersetzt. Bernd Henke ist Fernsehansager beim Sender Freies Berlin (SFB). Streng genommen, muss man ihn und seine Kollegen als Programm-Moderatoren bezeichnen. Denn sie lesen ihre Moderationen nicht nur kurz vor Beginn des Beitrages vom Teleprompter ab. Ihre Arbeit beginnt wesentlich früher, bei der Recherche: »Das Berufsbild hat sich komplett gewandelt. In den Anfangszeiten des Fernsehens wurden vorformulierte Ansagen einfach abgelesen. Heute schreiben wir unsere Moderationen selber«, erläutert Bernd Henke. Programmempfehlungen geben einen genauen Einblick in die nachfolgende Sendung, sollen den Zuschauer vom Um- oder Abschalten abbringen. Eine nicht leichte Aufgabe bei der Vielzahl von Programmen, die heute über den Bildschirm flimmern, meint der Ansager. Improvisation gehört zu seinem Handwerk. Werden Filme aus aktuellen Gründen kurzfristig aus dem Programm genommen oder hat sich eine Störung eingeschlichen, dann muss der Programmmoderator in die Bresche springen: »Ich sitze in meiner Garderobe, bereite mich auf meine kommende Moderation vor und habe dabei immer den Monitor im Blick. So kann ich in Windeseile im Studio sein und die Zuschauer informieren.« Für solche Situationen liegt der Puderquast immer bereit, denn Zeit für die Maskenbildnerin bleibt da in den seltensten Fällen. Der geborene Berliner hat in der DDR in den 80er Jahren als Dressman und Kleindarsteller bei der DEFA gearbeitet. Während dieser Zeit besuchte er Moderatorenlehrgänge und absolvierte drei Jahre Sprecherziehung. 1990 bewarb sich Henke bei der Rundfunkanstalt des WDR und begann noch im selben Jahr als Programmansager bei der ARD. Nach der Stippvisite in Köln kehrte er aber nach Berlin zurück und arbeitet seither für den SFB. Doch auch den Rundfunk hat Bernd Henke für sich entdeckt. Das Deutschlandradio ist seine zweite berufliche Heimat geworden: »Dort muss ich nicht darauf achten, wie ich gekleidet bin, und darf auch unrasiert moderieren. Das kann auch mal sehr entspannend sein«, sagt er lachend. Jacketts in allen Farben hängen in seiner SFB-Garderobe, eines davon griffbereit. In zwei Stunden muss er wieder »hinausgucken«, wie es im Fachjargon heißt. Um 17.30 Uhr geht in dem kleinen Studio an der Masurenallee das Rotlicht an, und der Fernseh-Vorabend kann beginnen. Bernd Henke erscheint auf dem Bildschirm und moderiert den »Berliner Platz« an. Zeit für einen schnellen Kaffee in der Kantine und schon ist er wieder auf dem Schirm. Es folgt ein alter »Polizeiruf 110«. Der Berliner skizziert kurz die Handlung und schon ist er wieder vom Bildschirm verschwunden. Sieben bis acht Mal wird er heute noch »rausgucken«. Bis zu den Schlussnachrichten, die Bernd Henke live vorliest. Zwischendurch geht der Moderator ins Fernseharchiv, um einige Sachen für die morgige Sendung zu recherchieren. Der Moderator mit dem freundlichen Gesicht fasst in kurzen Worten seine Arbeit zusammen: »Die Kunst besteht vor allen Dingen darin, viel zu sprechen und dennoch wenig zu verraten, um die Spannung nicht zu zerstören.« Angst um seinen Job hat er nicht. »Die Diskussion, ob Trailer künftig die Live-Moderationen völlig verdrängen, gab es bereits in den sechziger Jahren. In der Zeit wurden die ersten Versuche gestartet, auf Live-Ansagen zu verzichten.« Tatsache ist aber, dass nur noch wenige Sender sich Programm-Moderatoren leisten. Der ORB (Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg) stellte 1998 diese Art von Programmhinweis ein, zwei Jahre später folgte das ZDF. Zuerst aber, schon 1992, waren die Ansager bei RTL verschwunden. Bernd Henke sagt: »Umfragen besagen, dass Zuschauer an dieser Art von Programmgestaltung festhalten möchten.« Und der Fernsehzuschauer...

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