Erich-Fried-Gymnasium bald keine eigenständige Schule mehr

Eltern und Schüler gegen geplante Fusion mit dem Andreas-Gymnasium

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 2 Min.
Wenn im März an den Berliner Gymnasien die Anmeldefrist für die siebten Klassen beginnt, sollen nach Beschlusslage des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg und des Senates die Einschreibelisten am Erich-Fried-Gymnasium leer bleiben. Denn die Oberschule an der Strausberger Straße wird im kommenden August mit dem Andreas-Gymnasium in der Koppenstraße fusioniert - zunächst als Filial-Standort. Wenn ein Ausbau am Andreas-Gymnasium für den nötigen Raum gesorgt hat, soll aber auch das renovierungsbedürftige Fried-Gebäude aufgegeben werden. Elternvertreter Dieter Heß kritisierte gestern erneut die angekündigte Angliederung des sprachlich-literarisch orientierten Fried- an das naturwissenschaftlich ausgerichtete Andreas-Gymnasium als Bedrohung der als kritisch und engagiert geltenden »Schulkultur«. Die Fusion werde zu einer großen »Monsterschule« führen, in der das pädagogische Klima nur schlechter werden könne. Er möchte durchsetzen, dass das Fried-Gymnasium auch weiterhin als eigene Schule geführt wird und eigenständig Nachwuchs aufnehmen darf und fordert die Kassierung des entsprechenden Beschlusses der Bezirksverordnetenversammlung. Mit dem Andreas-Gymnasium solle nur kooperiert, aber nicht fusioniert werden. Nach der anstehenden Pensionierung von Schulleiterin Heidi Antal könne das Gymnasium kostenneutral kommissarisch weitergeführt werden. Die Friedrichshain-Kreuzberger Grünen-Fraktionschefin und Vorsitzende des Schulausschusses, Bernadette Kern, begründet den Fusions-Beschluss mit den sinkenden Schülerzahlen im Bezirk. 1991 seien in Friedrichshain noch 1300 Kinder eingeschult worden, inzwischen seien es nur noch rund 450, und für die Gymnasien komme der ganz große Knick erst noch. Angesichts dessen komme man um die Konzentration der Oberschulen nicht herum. Nicht verstehen kann Kern auch die Sorge um das Schulprofil: »Niemand will die Kultur des Fried-Gymnasiums zerstören.« Die Schüler würden von der Fusion im Schulalltag wenig bemerken. Gerade die Schüler hängen sehr an ihrer Schule. Seit Bekanntwerden der Fusionspläne vor knapp drei Jahren demonstrieren sie gegen die Fusion. Zuletzt im Februar 2001, als 200 der etwa 570 Schüler aus Protest in ihren Klassenräumen übernachteten. Ein Grund dafür sind die von Lehrern und Schülern engagiert angeschobenen Projekte. Eines davon befasste sich mit der Rolle von Jugendlichen in der Revolution von 1848. Berlin verdankt den Fried-Schülern immerhin einen neuen Straßennamen: Seit dem Winter 2000 heißt die bis dahin namenlose Zufahrt von der Landsberger Allee zum Krankenhaus Friedrichshain nach dem auf der Barrikade in der Jägerstraße gefallenen Schlosserlehrling Ernst Zinna. Ein Resultat des Konzepts, die Schüler gestaltend in den Lernalltag einzubeziehen. Was ihre Schule zu bieten hat, wollen Schüler, Eltern und Lehrer am kommenden Freitag ab 18 Uhr bei einer »Nacht der offenen Tür« im Schulgebäude präsentieren. Die Schüler wollen dann wieder in der Penne schlafen.
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