Geheimnisvoller Zaubertrank
In Treptow mixen Kräuter-Köche Pflanzen-Cocktails
Geheimnisvolle Gerüche durchziehen den Raum. Der Mann im weißen Kittel lässt eine mit Flüssigkeit gefüllte Flasche so kreisen, dass sich der Inhalt wie eine Acht bewegt. »Die Mixtur muss exakt 24-mal die Richtung ändern«, erläutert der Lebensmitteltechniker Bernd Lauer in seinem Labor in Treptow. »So vermengen sich die Teilchen optimal. Dann bleibt die Flasche drei Tage stehen.«
Lauer & Co. brauen in ihrer Alchimistenküche namens »Sensatonics« Pflanzen-Cocktails. Die Kräuter-Köche werkeln in der alten Agfa-Filmfabrik und sehen sich in der Tradition mittelalterlicher Alchimisten, die »Pflanzen und Kräuter anderer Kulturen für den modernen Menschen erschließen«. Lauer erklärt: »Wir benutzen getrocknete Pflanzen und verändern deren Lösungseigenschaften. Mit einer wasserlöslichen Pflanze fangen wir an, gewinnen ihr Lösungsmittel und benutzen es zum Lösen der nächsten Pflanze. So schachteln wir Lösungsvorgänge hintereinander, bis wir das fertige Elixier aus mehreren Pflanzen erhalten.«
»Mit 21 Jahren habe ich erkannt: Lebensmittel herzustellen, ist nicht einfach«, blickt Lauer zurück. »Meist sind sie ja industriell produziert und somit schädlich.« Kurzerhand eröffnete der junge Querdenker 1984 in Kaiserslautern einen Bioladen. Später studierte er in Trier Lebensmitteltechnologie und machte seinen Diplom-Ingenieur. »Man muss die jeweils für den Menschen wichtige Information aus den Pflanzen holen«, erklärt der 41-Jährige. Seit 1994 arbeitet er für »Sensatonics« und ist hier zuständig für die Produktentwicklung und -darstellung.
Die Rezepturen stammen zum Teil aus Zeiten der Heilkundigen Hildegard von Bingen (12. Jahrhundert) und des Arztes Paracelsus (16.Jahrhundert). Die Hexenmeister der Neuzeit fanden zusammen durch das gemeinsame Interesse an den »Wurzeln der Götter«, denen eine stimulierende Wirkung nachgesagt wird. Das sind Hölzer, Kräuter und Wurzeln vor allem aus dem südamerikanischen, afrikanischen und polynesischen Raum: Wurzeln des Iboga-Strauches, die in Afrika für Initiationsriten verwendet werden, oder Holzstückchen des Muira-Puama-Baumes, eines beliebten Stärkungsmittels südamerikanischer Indianer. »Lunatonic« heißt der »orientalische Zaubertrank« aus Treptow. Nach Überzeugung seiner Erfinder macht er »so richtig schön kuschelig«.
Der »Moonwalk« ist eine Mixtur aus Kalmus, Passionsblume und Johanniskraut. Kalmus ist eine alte Heilpflanze, die bei Magen- und Darmbeschwerden als Tee empfohlen wird. Äußerlich angewandt, soll Kalmus bei Schuppen und Hautausschlägen, Rheuma und Stoffwechselerkrankungen helfen und die Durchblutung verbessern.
Die Heilkraft der Passionsblume wurde im späten Mittelalter entdeckt. Seefahrer brachten eine wundersame Schlingpflanze mit, die von den Indianern im brasilianischen Urwald als Beruhigungsmittel genutzt wurde. Johanniskraut gilt als pflanzliches Antidepressivum. Die »Sonne für die Seele« wirkt aber auch wundheilend, schmerzstillend, beruhigend und nervenstärkend. Als »Tanztropfen« für lange heiße Nächte kommt »Kokmok« daher. Dahinter verbirgt sich ein Mix aus Cola-Nuss, Guarana, Galanga (einem nahen Verwandten des Ingwers), Kardamom und Vanille. Bei richtigem Schluckverhalten soll »Kokmok« erheiternd, erfrischend und anregend wirken. Na, dann Prost!
»Sensatonics«, Lohmühlenstraße 65,...
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