Der Millionencoup

Anklage gegen Ex-Chef der Berliner Volksbank

  • Peter Kirschey
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.
Acht Jahre lang wurde ermittelt, vor vier Jahren bereits Anklage erhoben, nun soll die einstige Chefetage der Berliner Volksbank wegen Millionenbetrugs zur Verantwortung gezogen werden. Wie schwer es werden wird, die Gaunereien aufzudecken, zeigte schon der gestrige erste Prozesstag. Nach Feststellung der Personalien der fünf Angeklagten und noch vor der Anklageverlesung wurde auf Antrag der Verteidiger der Prozess auf nächste Woche vertagt. Angeklagt sind fünf Spitzenmanager, darunter der Vorstandschef der Berliner Volksbank, Ulrich Misgeld, und der führende Ex-Manager der Immobiliengruppe EUWO Holding AG Peter Schiansky. Gemeinsam sollen sie 650 Anleger um 66,5 Millionen Euro betrogen haben. Der Prozess sollte schon im Jahre 2000 beginnen, doch dann ließen die Verteidiger das Verfahren platzen, in dem sie weitere Akteneinsicht bei Kreditgeschäften der Volksbank forderten. Zwei Anlagefonds stehen im Mittelpunkt des kriminellen Geschehens: Die Tabakmoschee in Dresden und ein Dienstleistungszentrum in Spandau. Die Anleger wurden zwischen Juli 1993 und März 1996 mit sicheren Renditen gelockt. Doch es soll, so sagt es die Anklage, den Beteiligten von Anfang an klar gewesen sein, dass die Anleger ihr Geld nie wiedersehen würden, da EUWO zu diesem Zeitpunkt - Anfang 1993 - bereits hoffnungslos überschuldet war. Der Konkurs von EUWO konnte immer wieder verschleiert werden, da die Volksbank mit großzügigen Krediten aushalf.. Ein Musterbeispiel für Fehlspekulationen und Finanzfilz: Die Immobilie Keibelstraße 6 in der Nähe des Alexanderplatzes. EUWO kaufte das Objekt für 25 Millionen Mark vor der Treuhand. Dort wollte das Unternehmen das Bezirksamt Mitte errichten. Doch EUWO verlor die Ausschreibung und saß auf dem Grundstück fest. Uneigennützig sprang die Volksbank ein und zahlte dem Immobilienunternehmen den Betrag von schlappen 57 Millionen Mark. Spekulationsgewinn: 32 Millionen Mark. Die Treuhand kam dahinter und forderte 10,6 Millionen Mark Ausgleichszahlung. Die Immobilie fiel schließlich an eine Bank in Hamm, der Kaufpreis blieb Bankgeheimnis. Kurzzeitig saßen die beiden Hauptangeklagten 1998 auch in Untersuchungshaft. Doch gegen Millionenkautionen kamen sie nach wenigen Tagen wieder frei. Die EUWO-Gruppe ist inzwischen liquidiert, den Anlegern - es traf keine Sozialhilfeempfänger - blieben nur noch wertlose Anteilsscheine. 1999 trennten sich die Wege von Volksbank und Misgeld - nach dem zuvor ein Entlassungsversuch wegen undurchsichtiger Klauseln im Vertrag gescheitert war. Doch schon ein Jahr später leuchtete der Stern Misgeld wieder. Diesmal als Mann der Chefetage des Unternehmens Semperlux AG. Man kennt sich, pflegt jahrelange Kontakte in gehobenen Kreisen, und da findet sich immer ein lukratives Managerpöstchen. Misgeld hat in all den Jahren seine Unschuld beteuert und ist überzeugt, dass das Verfahren, das sich über Jahre hinziehe...

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