Leichtestes Element mit Übergewicht
Forscherteam erzeugt Wasserstoffkerne mit sechs Neutronen
Was Physikern aus Japan, Russland, Großbritannien, Frankreich und Schweden jetzt gelungen ist, kann man getrost als sensationell bezeichnen. Denn sie haben, wie das Fachblatt »Physical Review Letters« (Bd. 80, S. 082501) berichtet, mit Wasserstoff-7 das bisher schwerste Isotop des Wasserstoffs überhaupt erzeugt. Da dessen Atomkern aus einem Proton und sechs Neutronen besteht, ist es sieben Mal schwerer als »gewöhnlicher« Wasserstoff, der im Kern lediglich ein Proton enthält.
Gewöhnlicher Wasserstoff ist bekanntlich das leichteste, aber zugleich häufigste chemische Element im Universum. Lange glaubte man, dass es davon nur zwei schwere Isotope gebe: Deuterium und Tritium, deren Kerne neben einem Proton noch ein bzw. zwei Neutronen aufweisen. Deuterium ist stabil, während Tritium mit einer Halbwertszeit von 12,26 Jahren radioaktiv zerfällt.
Erst seit etwa 40 Jahren fahnden Forscher nach noch schwereren Isotopen des Wasserstoffs, von denen man annimmt, dass sie gleichfalls instabil sind. Vor zwei Jahren schließlich konnte ein internationales Physikerteam am japanischen RIKEN-Teilchendetektor ein solch superschweres Isotop nachweisen: das aus einem Proton und vier Neutronen bestehende Wasserstoff-5. Bei dem Experiment schossen die Forscher einen Strahl aus schweren Helium-6-Isotopen auf tiefgekühlten Wasserstoff. Denn sie hofften auf Grund theoretischer Überlegungen, dass bei einer solchen Kollision einige der Helium-6-Kerne ihre vier Neutronen an den Wasserstoff abgeben würden, was im Experiment tatsächlich geschah.
Es waren zum Teil dieselben Physiker, die unter Leitung von Isao Tanihata vom japanischen Forschungsinstitut RIKEN die Kollisionsversuche in modifizierter Form weiterführten. Auch bei ihrem jüngsten Experiment verwendeten sie ein Target aus tiefgekühltem Wasserstoff, das im französischen GANIL-Laboratorium entwickelt wurde. Dieses beschossen sie mit Kernen des Helium-8-Isotops, die jeweils aus zwei Protonen und sechs Neutronen bestehen. Ähnlich wie beim ersten Versuch übertrugen auch diesmal mehrere Geschossteilchen alle ihre Neutronen auf Wasserstoffkerne, wodurch Wasserstoff-7 entstand. Die zwei übrig gebliebenen Protonen des Heliums flogen weiter und konnten mit hochempfindlichen Detektoren nachgewiesen werden, gleichsam als Beleg dafür, dass die Reaktion stattgefunden hatte. Außerdem registrierten die Forscher Tritium-Kerne und Neutronen, die vom Zerfall des instabilen Wasserstoff-7-Isotops herrührten.
Auf der Erde kommt superschwerer Wasserstoff freilich nicht vor. Wenn überhaupt, vermuten einige Forscher, dann verbirgt er sich im Innern von Sternen, wo die große Hitze und der hohe Druck möglicherweise verhindern, dass die instabilen Kerne rasch wieder zerfallen. Nichts deutet dagegen auf die Existenz von Wasserstoff-4 bzw. Wasserstoff-6 hin. Das liegt vermutlich daran, meint Gottfried Münzenberg von der Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt, dass ab dem Tritiumkern jeweils ein Neutronenpaar hinzukommen muss, damit die superschweren Wasserstoff-Isotope sich überhaupt bilden können, ...
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