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  • Brandenburg
  • Rechtsradikale Skinheads auf Menschenhatz/ Prozeßbeginn in Moabit

Schon der Wortschatz macht schaudern

  • Lesedauer: 2 Min.

Woher kommt diese Gefühllosigkeit, die eiskalte Schilderung von Mißhandlungen einer Übermacht und dann das Flüchten in die reine Unschuld, sobald es um die Todesursache eines- jungen Menschen geht? Schon der Wortschatz von drei Skinheads aus Ost und West, die sich selber stolz als Rechtsradikale bekennen und auf dem Bahnhof Lichtenberg bis zu ihrer Verhaftung um die Jahreswende ihr Unwesen trieben, macht schaudern.

Vor der siebten Großen Strafkammer in Moabit haben sich seit gestern der 23jährige „Kalle“ S., zur Tatzeit am 11. Dezember 1990 mit einer geladenen Gaspistole bewaffnet, der 20jährige Maik Z., bekannt als „Sternchen“ und ausgerüstet mit einem abgesägten Spazierstock, und der im Umgang mit einem Baseballschläger erfahrene 28jährige „Frankie“ L. aus Ostund Westberlin zu verantworten.

Sie sollen den 24jährigen Klaus-Dieter R., in der kriminellen Szene zwischen Bahnhof Lichtenberg und Alexanderplatz unter dem Namen Frank unterwegs, so verprügelt haben, daß er aus dem 10. Stock einer Wohnung in der Lichtenberger Ho-Chi-Minh-Straße aus dem Fenster gesprungen sein soll, um weiteren Folterungen zu entgehen.

Aus dem Fenster gehalten hätten sie ihr Opfer nicht, auch nicht hinausgestoßen, behaupten die drei Angeklagten immer wieder. Zufällig hätten sich „Frankie“ L. und die anderen vom Fenster weggedreht, als nach halbstündiger Prügelei mit Stock und Keule, nach Faustschlägen und Fußtritten einer wer? - gerufen hätte: „Ist der bescheuert?“.

Dann will „Frankie“ L. nur noch die Turnschuhe des Stürzenden gesehen haben. Zum „Luftschnap- . pen“, sagt „Kalle“ S., hätte er das

Fenster für den vom Boden Hochgezogenen geöffnet. Stoßen aus dem Fenster? Keine Rede. Wie die Fingerabdrücke von „Sternchen“ ans Fensterbrett geraten sind? Keine Ahnung.

Der 34jährige Wohnungsinhaber Mario F., der von den Angeklagten zusammen mit dem Opfer auf der Suche nach angeblich bei ihm verstecktem Geld heimgesucht wurde und - so seine Aussage - höflich behandelt worden war, hat keinen Hilferuf gehört, hat nicht gesehen, daß Klaus-Dieter R. gestoßen wurde: „Weg war er - klatsch, bum.“ Nicht einmal geschubst, so die Lebensgefährtin des Wohnungsinhabers, hätte einer den blutig geschlagenen und aus der Bewußtlosigkeit erwachten Klaus-Dieter R.

Hintergrund der Bluttat ist die von rechtsradikalen Skinheads geleugnete Verquickung ihrer angeblich auf deutsche Sauberkeit und Lauterkeit ausgerüsteten Gedan-

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