»Schule der Weiblichkeit«

»Frauenlob - zwischen Kreuzstich und Nähtisch« im Münchner Stadtmuseum

  • Barbara Reitter
  • Lesedauer: ca. 1.5 Min.
Hier lässt sich nostalgisch ein Wiedersehen feiern mit Omas Zierdeckchen, ihren feinen Monogrammen in der Bettwäsche oder den Häkelhüllen fürs Taschentuch. Da bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts »Nadelfleiß als Hauptbestandteil des weiblichen Lebens« galt und zwangsläufig viele Bürgertöchter liebster Zeitvertreib war, floss unendlich viel kreatives Potenzial in die Erzeugnisse klassischer Handarbeit ein. Etwa 300 dieser Exponate hat das Modemuseum jetzt zum »Frauenlob - zwischen Kreuzstich und Nähtisch« aus seinen reich gefüllten Depots geholt und zu einer anregenden Kulturgeschichte weiblichen Fleißes arrangiert. Die »Schule der Weiblichkeit« hatte eigene Regeln. Erst sollten Mädchen sticken, stricken und nähen lernen, bevor sie an ABC und Kleines Einmaleins herangeführt wurden. Dass auf diese Weise eine Unzahl von Handarbeiten entstand, ist kein Wunder - dienten diese doch den einen als Einübung auf spätere hausfraulich-mütterliche Pflichten, während andere, wie der Dichter Adalbert Stifter, sie als »sündenvollste Zeitverschwendung« und »geistloses Tun« geißelten. Doch neben der standesgemäßen Freizeitbeschäftigung von Damen aus wohlhabenden Kreisen verdiente sich so manche Bürgersfrau verschämt ein Zubrot durch Stickereien, während diese unzähligen Textilarbeiterinnen nur kargen Lohn sicherten. Zahllose »Musterbücher« in der Ausstellung erzählen vom mühsamen Lernprozess bienenfleißiger Frauenhände. Durch sie erlernten sie nicht nur stopfen, flicken und nähen; sie boten Vorlagen für komplizierte Motive wie Blumen, Tiere oder Figuren, für Buchstaben und florale Verzierungen. Unter den Stücken befindet sich so manches Kuriosum: Schützhüllen für Regenschirme und Briefe, Taschen für Nachthemden oder Decken mit launigen Sprüchen. Doch sie spiegeln nicht nur die Mode verschiedener Epochen vom 18. bis 20. Jahrhundert, sie reflektieren sogar die Zeitgeschichte wie jene Tischdecke, auf welcher eine Bildergeschichte ein ganzes Soldatenleben aufrollt. Hier artikulierte sich...

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